Die erste Kulturhauptstadt des Abendlandes lag in Griechenland: Melina Mercouri, die ehemalige Kulturministerin, rief Athen 1985 dazu aus. Seither obliegt es der Europäischen Union, Jahr für Jahr eine andere Stadt mit dem temporären Titel zu adeln. Und so wird Graz 2003 die Kulturstadt Europas sein. Doch nicht immer gibt es nur eine: Im Jahr 2000 durften sich acht Städte mit dem Beiwort schmücken, hin und wieder sind es deren zwei. Wie Rotterdam und Porto 2001, Genua und Lille 2004 - oder eben Salamanca und Brügge heuer.Portos Altstadt: Eine Baustelle Manche Städte engagieren sich aber nur unmerklich: Die Altstadt von Porto glich einer riesigen Baustelle, über das Programm von Salamanca wissen wir so gut wie nichts. Brügge hingegen, die pittoreske Kleinstadt in Flandern, will sich, wie Graz, profilieren: Am 20. 2. 2002 hebt ein fünftägiges Eröffnungsspektakel an - logischerweise um 20.02 Uhr mit der Einweihung des neuen Concertgebouw des Architektenteams Robbrecht & Daem, das über zwei Säle (mit 1200 und 300 Sitzplätzen) verfügt. Ausschwärmen und einnisten Das Programm, das Intendant Hugo De Greef, zuvor Leiter des Brüsseler Kaaitheaters, seit 1999 mit einem Budget von gut 25 Millionen Euro (rund 344 Mio. S) entwickelte, folgt einem Gedicht, das Peter Verhelst im Auftrag von Brügge schrieb: "Eines Tages tauchten sie auf. Schwärmten aus / Über die Stadt und nisteten sich ein . . ." Um die Sinneinheiten des "roten Fadens" gruppiert Um jede Sinneinheit dieses "roten Fadens" gruppieren sich bis Mitte November rund 140 Veranstaltungen: Präsentiert werden u. a. neue Choreographien von Wim Vandekeybus, Jan Fabre, Anne Teresa De Keersmaeker und Josef Nadj, im frisch renovierten Stadttheater zeigt die Needcompany Images of Affection, und aus Österreich reisen das Klangforum und die Wiener Symphoniker an. Im Mittelpunkt stehen aber drei große Ausstellungen: über Jan van Eyck (siehe "Die Erfinder des Gemäldes"), über die Geschichte der Stadt mit dem Titel HANSE@MEURODICI.COM (ab Ende Mai) und über mittelalterliche Handschriften. Weiters zu besichtigen: ein Pavillon von Toyo Ito für den Burgplatz und eine neue Brücke über den Coupurekanal von Jürg Conzett. (Thomas Trenkler/DER STANDARD/SPEZIAL, Print-Ausgabe, 19.02. 2002)