Afghanistan
ISAF-Truppe erneut im Kreuzfeuer der Kritik
Britischer Soldat soll versehentlich Zivilisten erschossen haben - Stabschef dementiert
Kabul - Die internationale Schutztruppe für Afghanistan
(ISAF) hat am Wochenende nach Darstellung von Familienangehörigen
einen Zivilisten erschossen, der auf dem Weg ins Krankenhaus war.
Nasrullah Jakobi sagte am Montag, sein 19-jähriger Neffe sei am
frühen Samstagmorgen von britischen Soldaten getötet worden, als er
mit seiner schwangeren Schwägerin ins Krankenhaus fuhr. Jakobi
forderte Entschädigung für den Tod des jungen Mannes. Die
verantwortlichen Soldaten sollten außerdem vor Gericht gestellt
werden. Die internationale Schutztruppe (ISAF) berichtete dagegen, der
britische Posten sei beschossen worden. Die Briten hätten daraufhin
das Feuer erwidert. Der Angreifer sei geflohen. Später sei in einem
nahe gelegenen Haus ein Toter mit Schusswunden entdeckt worden. Nach
Angaben von ISAF-Stabschef Richard Barrons handelte es sich um den
ersten Angriff auf ISAF-Soldaten seit deren Stationierung im
Dezember.
Innenministerium hinterfrägt Darstellung
Das afghanische Innenministerium wies unterdessen die Darstellung
des britischen Militärsprechers zurück. General Zialhaq Majur sagte
der Nachrichtenagentur dpa, nach vorläufigen Ermittlungen hatten
ausschließlich britische Fallschirmjäger der Afghanistan-Schutztruppe
(ISAF) von der Waffe Gebrauch gemacht. ISAF-Pressesprecher Jonathan
Turner blieb aber bei der Darstellung, dass die Soldaten als erste
beschossen worden seien, bevor sie das Feuer zur Selbstverteidigung
erwidert hätten.
Offensichtlich seien die Soldaten in einem Beobachtungsstand
nervös geworden, als einige Menschen über zwei Stunden nach Beginn
der nächtlichen Ausgangssperre eilig ein Auto bestiegen hätten, sagte
Majur. Es habe sich erst später herausgestellt, dass eine Familie
eine Schwangere mit einem Taxi ins Krankenhaus bringen wollte. "Es
war ein Versehen der Soldaten", sagte Majur. Dabei seien außerdem
vier Zivilisten, darunter die schwangere Frau, verletzt worden. Sie
wurden nach seinen Angaben in einem nahe gelegenen Haus gefunden, in
dem die Frau mittlerweile auch ihr Baby zur Welt gebracht hatte. (APA)