Wirtschaftspolitik
Viele Fragen rund um Austria Tabak
SPÖ verlangt Aufklärung vom Finanzminister über Verkauf der Tabakwerke
Wien - Der Bericht über die
Vorgänge im ÖIAG-Aufsichtsrat beim Verkauf des 41-prozentigen Staatsanteils an der
Austria Tabak (AT) haben am
Montag Staub aufgewirbelt.
SPÖ-Budgetsprecher Rudolf
Edlinger kündigte eine parlamentarische Anfrage an Finanzminister Karl-Heinz
Grasser zum AT-Verkauf an,
"weil es Verdacht gebe, dass es
beim AT-Verkauf nicht mit
rechten Dingen zugegangen
sein könnte, sagte Edlinger.Hintergrund ist ein
Standard-Bericht
über ein
Gutachten zu den Abläufen
und Informationspflichten
beim Verkauf des AT-Aktienpakets der ÖIAG an die britische Gallaher. Das Gutachten
wurde vom Linzer Arbeits-
und Sozialrechtler Peter Jabornegg erstellt. Es kommt
zum Schluss, dass ÖIAG-Aufsichtsratschef Alfred Heinzel
und der damalige ÖIAG-Vorstand Johannes Ditz ihren Informations- und Sorgfaltspflichten nicht in ausreichendem Ausmaß nachgekommen
seien. Konkret sei die für den
Verkauf entscheidende ÖIAG-
Aufsichtsratssitzung viel zu
kurzfristig und ohne ausreichende Vorinformation abgehalten worden.
Grasser gefordert
"Grasser, als Finanzminister für die ÖIAG zuständig,
muss klären, ob es bei diesem
Verkauf zu ungesetzlichen
Vorgängen kam", forderte der
Ex-Finanzminister, der nicht
nur die formalen Vorgänge in
der entsprechenden ÖIAG-Sitzung, sondern gleich den
ganzen Verkauf für rechtlich
bedenklich hält. Ein wirtschaftspolitischer Fehler sei
der AT-Verkauf in seinen Augen sowieso gewesen, denn der heimische Tabakriese hätte jährlich mehr als 40 Millionen Euro (rund 600 Mio. S) an
Dividenden gebracht.
Rechtsexperten gehen indes
davon aus, dass der Republik
aus dem AT-Verkauf kein direkter Schaden entstanden
sei. Sollten dabei Vorschriften
und Informationspflichten
verletzt worden sein, sei dies
"unschön", "verwerflich" und
"eines Staatsbetriebs unwürdig". Gerade weil die Arbeitnehmervertreter denselben
Haftungen unterliegen wie die
Kapitalvertreter, sei es zwingend notwendig, dass alle
gleich gut informiert werden.
Heinzel: Irrelevant
ÖIAG-Präsident Alfred
Heinzel ließ am Montag erneut ausrichten, dass das
Rechtsgutachten von den Arbeitnehmervertretern in Auftrag gegeben worden sei.
Grundlage dafür seien lediglich ein Firmenprofil und zwei
Presseinformationen von Gallaher gewesen, weshalb er
das Gutachten als irrelevant
betrachte. Dagegen sagte ein
ÖIAG-Aufsichtsratsmitglied,
das nicht genannt werden
will, zum Standard: "Exakt
diese Unterlagen waren von
der ÖIAG als Tischvorlage
ausgegeben worden. Mehr gab
es nicht." Auch detaillierte
Unterlagen über den Gallaher-
Gegenspieler, die spanisch-
französische Altadis fehlten.
Späte Einsicht
Dennoch zeichnet sich ein
erstes Einlenken der ÖIAG-
Spitze ab: Diese Woche soll
der "Arge ÖIAG", der Arbeitsgemeinschaft der Betriebsräte
der ÖIAG-Firmen dem Vernehmen nach Einblick in die
Gesamtunterlagen des AT-
Verkaufs gewährt werden.
Dahinter, vermuten Insider,
steckt die Angst der Staatsholding, von den Betriebsräten geklagt zu werden. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD, Printausgabe 19.2.2002)