Unternehmen
Enron-Chef verkaufte nach Pleitewarnung Aktien
Anleger verklagen Analysten
Washington/London - Der Anfang Dezember
zusammengebrochene US-Energiehändler Enron hat der "New York Times"
zufolge Kredite als Sicherungsgeschäfte in seinen Bilanzen versteckt.
Zudem habe der zurückgetretene Enron-Chef, Kenneth Lay, Enron-Aktien
für 20 Mill. Dollar (23,2 Mill. Euro/319 Mill. S) verkauft, nachdem
er vor dem drohenden Konkurs gewarnt wurde. Enron ist die bisher
größte Firmenpleite in den USA. Lay habe im vergangenen Jahr Enron-Aktien im Wert insgesamt von
100 Mill. Dollar verkauft. Er habe dabei Enron-Aktien im Wert von 20
Mill. Dollar innerhalb von drei Wochen abgestoßen, nachdem er von der
Enron-Mitarbeiterin Sherron S. Watkins gewarnt worden war, dass das
Unternehmen "in einer Woge von Buchführungsskandalen" zusammenbrechen
könnte, schrieb die Zeitung.
Finanzsicherungsgeschäfte statt Schulden
Die Zeitung berichtete in ihrer Online-Ausgabe am Sonntag, dass
Enron Milliardenkredite von Wall-Street-Firmen als
Finanzsicherungsgeschäft verbucht hatte, statt sie als Schulden in
der Bilanz auszuweisen. Enron konnte damit seine schlechter werdende
Finanzsituation verschleiern. Dies war nach den amerikanischen
Buchführungsregeln möglich.
Von 1992 bis 2001 habe Enron solche Kredite im Gesamtvolumen von
3,9 Mrd. Dollar unter anderem von J.P. Morgan Chase, Citigroup und
Credit Suisse First Boston erhalten, berichtete die Zeitung am
Sonntag unter Berufung auf Buchhalter und Branchenanalysten. Mindest
2,5 Milliarden Dollar davon seien in den drei Jahren vor dem Konkurs
gewährt worden. Enron selbst habe sich dazu der Zeitung gegenüber
nicht äußern wollen.
Analysten beschwichtigt
Versteckten Schulden hätten Ratingagenturen, Analysten und
Investoren auf die Probleme des Konzerns aufmerksam gemacht,
berichtet die Zeitung. Analysten, die die scheinbare plötzliche
Zunahme von Sicherungsgeschäften in Frage gestellt hätten, seien
beschwichtigt worden. "Sie haben uns immer gesagt: 'Macht euch
darüber keine Sorgen, das sind nur Sicherungsaktivitäten", sagte John
Olson, Research Director bei Sanders Morris Harris, der Zeitung.
Lay hatte diese Woche vor einem Untersuchungsausschuss des
Kongresses in Washington Gebrauch von seinem Recht auf
Aussageverweigerung gemacht. Lay ermutigte der Meldung zufolge die
Beschäftigten des Unternehmens noch zum Kauf von Enron-Aktien, als er
selbst schon Anteile verkaufte.
Enron-Anleger verklagen Analysten - Zeitung
Eine Gruppe von Enron-Anlegern verklagt
angeblich Analysten von Goldman Sachs, Saloman Smith Barney und J.P.
Morgan Chase. Die Analysten hätten die Titel des Energiegiganten zum
Kauf empfohlen, um damit selbst Gewinne zu erzielen, berichtete die
Zeitung "The Oberver" am Sonntag. Lehman Brothers, Merrill Lynch und
andere könnten ebenso Ziel solcher Klagen sein, hieß es weiter. (APA/Reuters/dpa)