Europa
Deutschland: Anklage nach Erstickungstod von Abschiebehäftling
Vorwurf der fahrlässigen Tötung gegen drei Beamte des Bundesgrenzschutzes
Frankfurt/Main - Fast drei Jahre nach dem Tod eines
Abschiebehäftlings hat die Frankfurter Staatsanwaltschaft gegen drei
Beamte des deutschen Bundesgrenzschutzes (BGS) Anklage wegen des
Vorwurfs der fahrlässigen Tötung erhoben. Die beiden
Polizeiobermeister und ein Polizeimeister hatten am 28. Mai 1999 den
sich heftig wehrenden Sudanesen Aamir Ageeb auf dem Flug von
Frankfurt nach Khartoum in Sudan begleitet. Dabei hatten sie den
Ermittlungen zufolge den Gefesselten so heftig in seinem Sitz nach
unten gedrückt, dass dieser dabei erstickte. In ihrer Anklageschrift beruft sich die Behörde nach den Worten
ihres Sprechers Job Tilmann auf ein Gutachten der Münchner
Rechtsmedizin. Danach war durch das Herunterdrücken des Oberkörpers
die Brust- und Bauchatmung des Sudanesen verhindert worden. Tilmann
zufolge hatten zwei Beamte jeweils rechts und links von Ageeb
gesessen und einer vor dem 30-Jährigen. Gemeinsam hätten sie den
Sudanesen nach unten gedrückt. Den geschulten Beamten, zwei heute
38-jährigen Polizeiobermeistern und einem 29 Jahre alten
Polizeimeister, musste laut Anklage klar sein, dass ihr Vorgehen den
Tod des Mannes nachziehen konnte.
Ageeb sollte abgeschoben werden, weil er wegen Nötigung,
Diebstahls, Hausfriedensbruchs, gefährlicher Körperverletzung und
Beleidigung vorbestraft war. Das Amtsgericht Karlsruhe hatte
Abschiebehaft angeordnet, das Regierungspräsidium in Karlsruhe
anschließend seine Rückführung veranlasst.
Helmverbot für Häftlinge, die sich wehren
Der deutsche Innenminister Otto Schily (SPD) hatte nach dem
Vorfall, der sich kurz nach dem Start in Frankfurt am Main ereignet
und die Lufthansa-Maschine zur Zwischenlandung in München gezwungen
hatte, vorübergehend einen Abschiebestopp für Ausländer erlassen, die
sich gegen die zwangsweise Rückkehr wehren. Schily hatten diesen aber
am 25. Juni 1999 unter Auflagen wieder aufgehoben. Seither ist es den
Beamten verboten, Abschiebehäftlingen, die sich wehren, Integralhelme
aufzusetzen. Ageeb hatte einen solchen Helm getragen. Allerdings
schlossen die Mediziner Tilmann zufolge den Helm als Todesursache
aus. Nach Auskunft des Bundesgrenzschutzes gibt es mittlerweile einen
neuen Spezialhelm.
Den drei BGS-Beamten, die sich zu den Vorwürfen bisher nicht
geäußert haben, droht laut Tilmann eine Freiheitsstrafe bis zu fünf
Jahren.(APA/AP)