Wirtschaft
Eichel setzt auf Konjunktur und Länder-Stabilitätspakt
Drei Prozent Wirtschaftswachstum erwartet
Frankfurt - Der deutsche Finanzminister Hans Eichel
(SPD) hat bekräftigt, im Kampf gegen die hohe Neuverschuldung in
Deutschland auf eine bessere Konjunktur, strenge Ausgabendisziplin
und einen nationalen Stabilitätspakt mit den Ländern zu setzen.
"Bis Ende des Jahres könnte das Wirtschaftswachstum eine Dynamik
erreichen, die auf Jahresraten hochgerechnet Werten von rund drei
Prozent entsprechen würde", sagte Eichel am Freitag in Frankfurt. Deutschland stehe vor einem neuen Wirtschaftsaufschwung. Dauerhaft
unterstützt werde die Konjunktur durch die zu Beginn des kommenden
Jahres in Kraft tretende nächste Stufe der Steuerreform. Für den
beschleunigten Konjunkturverlauf gebe es zudem durch das erhöhte
Kindergeld, die niedrigen Zinsen und den gesunkenen Ölpreis gute
Voraussetzungen. "Deshalb verwundert es auch nicht, wenn
internationale Organisationen für das nächste Jahr ein
Wirtschaftswachstum zwischen 2,5 und drei Prozent für Deutschland
prognostizieren", sagte der deutsche Finanzminister.
Harter Sparkurs wird fortgesetzt
Eichel hatte seinen europäischen Amtskollegen am vergangenen
Dienstag zugesichert, den gesamtstaatlichen Haushalt bis zum Jahr
2004 nahezu auszugleichen und 2006 keine neuen Schulden im Bund mehr
aufzunehmen. Die von Ländern und Gemeinden stark kritisierte
Ankündigung war notwendig, um einen Rüge der Europäischen Union (EU)
wegen des hohen Defizits in diesem Jahr zu verhindern. Als
Voraussetzung für den Konsolidierungskurs hatte Eichel ein
Wirtschaftswachstum von mindestens 2,5 Prozent in den Jahren 2003 und
2004 genannt. Das deutsche Defizit beträgt nach Schätzungen der
Kommission rund 2,7 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP). Unter
einem nahezu ausgeglichenen Haushalt ist nach allgemeiner Definition
ein Defizit von 0,5 Prozent oder weniger zu verstehen.
Neben den Zuwächsen beim BIP sei weiterhin ein harter Sparkurs
notwendig, um nicht wieder zurück in die Schuldenfalle zu rutschen,
sagte Eichel. "Wir werden noch auf viele Jahre die Ausgaben streng
begrenzen müssen." Er machte die Länder erneut dafür verantwortlich,
dass Deutschland in diesem Jahr mit seinem Defizit nahe an die im
Maastrichter Vertrag festgelegte Obergrenze von 3,0 Prozent des BIP
herankommt und deswegen von der EU kritisiert wurde. "Die im
Finanzplanungsrat mit den Ländern abgestimmte Ausgabenlinie wurde von
einigen Ländern deutlich überschritten."
Mit Blick auf den nur knapp abgewendeten "Blauen Brief" der EU
sagte Eichel: "Ich hoffe, dass es uns als Folge dieser Diskussion
gelingen wird, einen nationalen Stabilitätspakt zu vereinbaren."
Allen staatlichen Ebenen müsse Verantwortung für das gesamtstaatliche
Defizit zugewiesen werden. Zudem müsse über Sanktionen im Falle eines
Verstoßes gegen den Stabilitätspakt gesprochen werden. "Es zeigt sich
leider, das die Absprachen im Finanzplanungsrat kein Ersatz für ein
neues Regelwerk sein können." Sowohl er als auch sein Amtsvorgänger
Theo Waigel (CSU) hatten zuvor vergeblich versucht, einen solches
Abkommen mit den Ländern zu treffen. Nach der
Länderfinanzministerkonferenz am Donnerstag hatte es zu dem Thema
zahlreiche skeptische Stimmen aus der Union und aus der SPD gegeben. (APA/Reuters)