Rom - Der Schweizer Bundesrat will ein geplantes Rechtshilfe-Abkommen mit Italien vorerst nicht ratifizieren. Dieser Beschluss hat in Rom heftige Polemiken ausgelöst. Die Opposition sprach von einer "Ohrfeige für die Regierung". Berlusconi-Anwalt Nicolò Ghedini dagegen kritisierte "die historische Tendenz der Schweiz zur Isolation".

Die Regierung Berlusconi hatte die Rechtshilfe-Bestimmungen unmittelbar nach den Wahlen durchgepeitscht. Sie erschweren den Austausch von Dokumenten durch formalrechtliche Auflagen. So muss in Zukunft jedes Blatt, das von einem Schweizer an ein italienisches Gericht übermittelt wird, einzeln beglaubigt werden. Unterlagen können nicht mehr direkt an die zuständigen Gerichte, sondern nur noch ans Justizministerium gesandt werden.

Kritiker warfen Berlusconi die Absicht vor, seine eigenen Prozesse zu verzögern, bei denen es um die Überweisung illegaler Gelder auf Schweizer Konten geht. Berlusconi ist der Bestechung von Richtern angeklagt, deren Schmiergelder offenbar auf Schweizer Konten deponiert wurden.

Laut dem Bundesrat in Bern erschweren die vom italienischen Parlament übereilt verabschiedeten Bestimmungen die Rechtshilfe und widersprechen europäischen Übereinkommen. (mu, Der STANDARD, Printausgabe 15.2.2002)