Inland
Integration: Wiener Grüne fordern Einbürgerungsoffensive
Gegenkonzept zum Integrationsvertrag der Bundesregierung präsentiert - SPÖ: Masseneinbürgerungen lösen Probleme nicht
Wien - Die Wiener Grünen wollen die Bundeshauptstadt in
Sachen Integration als Gegenmodell zur Bundespolitik etablieren.
Stadträtin Maria Vassilakou forderte am Donnerstag in einer
Pressekonferenz eine Einbürgerungsoffensive, da das Regierungskonzept
des Integrationsvertrags "nichts mit Integration zu tun hat". Konkret
verlangte sie, Landesgebühren einkommensabhängig zu staffeln sowie
einen eigenen Einbürgerungsfonds zur Unterstützung von
finanzschwachen Familien einzurichten. Eine Sprachoffensive solle die
Einbürgerung erleichtern. Vassilakou forderte die Stadt Wien auf, eine Informationskampagne
für MigrantInnen zu starten, um sie zur Einbürgerung einzuladen. In
Wien suchen jährlich ca. 17.000 Menschen um die österreichische
Staatsbürgerschaft an, 10.000 davon mit Erfolg. Ein Problem dabei
seien die Kosten von etwa 655 bis 945 Euro (9.000-13.000 Schilling)
pro Person, so die Stadträtin. Sie wünscht sich daher die Einrichtung
eines Einbürgerungsfonds, der diese Kosten ganz oder teilweise
übernehmen würde. Als positives Beispiel nannte die Stadträtin
Belgien, da dort den MigrantInnen überhaupt keine Kosten anfallen.
Auch eine Aufstockung des Personals der MA 61 sei dringend notwendig,
da nur 21 Mitarbeiter mit diesen Anträgen beschäftigt seien.
Den Grünen zu Folge würden sich durch eine verstärkte Einbürgerung
Vorteile für beide Seiten, für Wien und die Betroffenen, ergeben. Von
den 256.000 in Wien lebenden AusländerInnen leben knapp 200.000 (83
Prozent) länger als acht Jahre in Österreich. Das bedeutet, ein
Großteil könnte bereits um die Staatsbürgerschaft ansuchen. Daher
würde der Ausländeranteil automatisch niedriger ausfallen, wenn die
Einbürgerung einfacher wäre. Der soziale Status würde angehoben
werden, dies sei auch ein starkes volkswirtschaftliches Argument.
Migranten würden rechtlich und emotional in ihrer Stadt verankert.
Für die Umsetzung ihrer Forderungen hofft Vassilakou auf die
Zusammenarbeit mit den anderen Parteien.
Wiener SPÖ gegen Forderungen der Grünen
Kritik an der von den Wiener Grünen geforderten
"Einbürgerungsoffensive" kam heute, Donnerstag, von der SPÖ
Gemeinderätin und Integrationssprecherin Nurten Yilmaz. "Alles, was
der Bund im Bereich Integration schlecht macht, kann die Stadt Wien
nicht einfach durch Masseneinbürgerung wieder gut machen",
kommentierte Yilmaz die Forderung der Wiener Grünen. Die MA 61
vollziehe ein Bundesgesetz, man könne die Stadtbeamten nicht zum
Gesetzesbruch aufrufen. Die geforderte Personalaufstockung sei längst
im Gange, so die Gemeinderätin.
Die gestiegene Anzahl der Anträge für österreichische
Staatsbürgerschaften in Wien habe mehrere Ursachen. Zunächst seien
die Menschen "durch den Integrationsvertrag der Bundesregierung
verunsichert und bemühen sich daher noch schnell um eine
Staatsbürgerschaft". Weiters liege der Jugoslawien-Konflikt bereits
so lange zurück, dass viele damals nach Österreich geflohene Menschen
jetzt die Einbürgerungskriterien erfüllen würden. Zu der von den
Wiener Grünen geforderten "Sprachoffensive", wies Yilmaz auf ein
bereits bestehendes Angebot an Deutschkursen in Wien hin. Yilmaz
zusammenfassend: "Die Wiener Grünen verkennen bei ihren Überlegungen
die vielen positiven Dinge, die in Wien passieren. (APA)