Krems/Wien - Wenn morgen in Berlin die Internationalen Filmfestspiele eröffnet werden, beginnt für viele junge Filmschaffende das große Bangen und Hoffen. Immerhin wurden in den 52 Jahren der Berlinale zahlreiche Filme und Regisseure entdeckt, die heute zur Filmgeschichte gehören."Jeder, der Filme macht, will irgendwann einmal dorthin. Oder zu den anderen großen Festivals Cannes und Venedig", gesteht die Filmstudentin Barbara Gräftner im Gespräch mit dem STANDARD. Dabei hat sie absolut keinen Grund, unzufrieden zu sein. Vergangene Woche hat ihr Film "Mein Russland" den mit 18.000 Euro (knapp 248.000 S) dotierten Max-Ophüls-Preis abgeräumt. Der Hauptpreis des gleichnamigen Saarbrücker Festivals ist wie dieses dem deutschsprachigen Filmnachwuchs gewidmet. Barbara Gräftner studiert an der Wiener Filmakademie, der traditionsreichsten österreichischen Ausbildungsstätte für Filmschaffende. Dort könne man, erzählt sie, alles ausprobieren, wozu man Lust habe. Test mit einem Hund Ein hohes Maß an Freiheit setzt jedoch ein ebenso hohes Maß an Selbstständigkeit voraus. Deshalb wird bei den Studentinnen und Studenten in spe eine strenge Auswahl getroffen. Bei der Zulassungsprüfung bekommen die Bewerber zum Beispiel einen Fotoapparat in die Hand mit dem Auftrag, mit 36 Aufnahmen zum Thema "Mann mit Hund" zurückzukehren. "So testen wir Begabung in der Bildsprache, Originalität und Kreativität", erklärt Wolfgang Glück, Regieprofessor und Leiter der Filmakademie. Durchschlagskraft, Sensibilität und Teamfähigkeit "In intensiven Gesprächen versuchen wir auch herauszufinden, ob jemand Eigenschaften wie Durchschlagskraft, Sensibilität und Teamfähigkeit hat." Letztere ist im Verlauf des Studiums besonders wichtig. Denn da werden Filmproduktionsvorgänge von Anfang bis Ende simuliert, wobei ein Student das Drehbuch schreibt, ein anderer inszeniert, der dritte die Kamera übernimmt und ein weiterer für den Schnitt zuständig ist. Geplant ist, die fünf Studienrichtungen Drehbuch, Kamera, Produktion, Regie und Schnitt zusammenzulegen. Die Ausbildung dauert mindestens fünf Jahre und ist - abgesehen von den 363 Euro Studiengebühren pro Semester - kostenlos. Die Wiener Filmakademie hat in den 50 Jahren ihres Bestehens schon einige bekannte Regisseure des österreichischen Films hervorgebracht (etwa Reinhard Schwabenitzky, Karin Brandauer oder Andreas Gruber). Leiter Glück bleibt dennoch realistisch: "Nur ein kleiner Teil erreicht die hoch gesteckten Ziele. Fast alle Absolventen bleiben aber in der Branche." Filmschule Wien Gleiches gilt für die wesentlich jüngere Filmschule Wien (FSW). Vergangenen Herbst wurden die ersten Absolventen der "Ausbildung zum Filmschaffenden" entlassen, und alle haben ihren Platz im Filmbusiness gefunden. "Wir akzeptieren niemanden, der sich von Beginn an als Regisseur spezialisieren will", erläutert Geschäftsführer Michael Rosenberg. "Bei uns müssen die Studenten zuerst die technische und handwerkliche Basis lernen. Die hohe Kunst des Filmemachens kommt dann etwa ab dem dritten Jahr hinzu." 429 Euro pro Monat muss einem die insgesamt vierjährige Ausbildung wert sein. Der Einstieg in die Branche wird den jungen Filmschaffenden durch die europäischen Kooperationen der FSW erleichtert, zum Beispiel mit der auf Trickfilm spezialisierten Filmschule im tschechischen Zlin. "So sind auch größere, teurere Filme möglich", erklärt Rosenberg. Donau-Uni Krems: Filmproduktion als postgradualen Lehrgang Eine Lücke in der Ausbildungspalette sieht er im Produktionsbereich: "Schöne Filme zu machen genügt nicht. Man muss sie auch vermarkten können." Genau in diese Kerbe schlägt das neue Österreichische Studienzentrum für Film an der Donau-Uni Krems. Ab Herbst 2003 soll es hier "Filmproduktion" als postgradualen Lehrgang geben. Zielgruppe: Absolventen der Filmakademie und der Filmschule. (Der Standard, Printausgabe, Kirsten Commenda)