"Ich habe Haare lassen müssen", meint Ronald Schill süffisant. Bleistiftdick sei das Bündel gewesen, das ihm am Montag am Hinterkopf weggeschnitten wurde, berichtet der Hamburger Innensenator im Gespräch mit dem STANDARD. Mit dieser Haarprobe will der Rechtspopulist beweisen, "dass ich nie in meinem Leben illegale Drogen genommen habe". Ein Parteifreund hatte in einer eidesstaatlichen Erklärung behauptet, Schill habe Kokain konsumiert. "Sie kennen ja die Abfolge: Freund, Feind, Parteifreund", meint Schill.20 Prozent in Hamburg Bei der Wahl im September hatte die Schill-Partei mit dem wegen seiner harten Urteile bundesweit bekannten "Richter Gnadenlos" an der Spitze fast 20 Prozent erreicht. Die Schill-Partei ging dann eine Koalition mit der CDU und der FDP ein. Derzeit liegt die Partei in Umfragen bei knapp zwei Prozent. Dass nicht eingehaltene Versprechen wie jenes, die Verbrechensrate zu halbieren, der Grund für den Rückgang sei, glaubt Schill nicht: "Wir haben gut gearbeitet. Wir haben gesagt, dass wir das in hundert Tagen schaffen. Aber es waren nicht die ersten hundert Tage gemeint." Und die versprochenen 2000 neuen Polizisten? "Wir haben eine schnellstmögliche Aufstockung versprochen. Aber wir können keine klonen." 280 seien neu eingestellt worden und befänden sich in der Ausbildung. 20 Beamte, die Bayern leihweise zur Verfügung stelle, hätten diese Woche ihren Dienst angetreten. "Schlagen der Krake die Beine weg" Auch Erfolge bei der Bekämpfung von Drogendealern reklamiert Schill: Einige hätten ins Umland abgedrängt werden können. Zudem werde nun gegen Schwarzafrikaner vorgegangen, die das Gros der Dealer stellten. "Von den 2200 sind 1400 Schwarzafrikaner", behauptet Schill. Die meisten gäben an, aus Burkina Faso zu kommen, wo keine Dokumente ausgestellt würden. Er habe mithilfe des Botschafters geklärt, dass nur wenige aus diesem Land kämen, womit nun gegen all jene vorgegangen werden könne, die falsche Angaben machten. "Wir schlagen der Krake die Beine weg." Dass er Ausländerhetze betreibe, weist Schill zurück: "Ich spreche nur die Wahrheit aus, das wird wohl noch erlaubt sein." Parallelen zwischen Jörg Haider und sich selbst sieht der deutsche Rechtspopulist nicht. "Der Vergleich mit Haider stört mich. Weil Haider den Nationalsozialismus verharmlost. Das kann ich nicht akzeptieren. Mein eigener Großvater war als Widerstandskämpfer im KZ. Ich sehe mich ein bisschen in dessen Tradition und habe eine Aversion gegen alles Rechte." Er strebe auch keine Zusammenarbeit mit Haider an. Ob es eine Zusammenarbeit mit der CSU vor oder nach der Bundestagswahl gebe? "Da wird es noch Gespräche geben", meint Schill. Obwohl seine Partei in Sachsen-Anhalt, wo im April gewählt wird, in Umfragen derzeit nur bei zwei Prozent liegt, ist Schill "sicher, dass wir 20 Prozent erreichen". Gleiches gelte für die Wahl in Mecklenburg-Vorpommern im September. Über ein Antreten bei der Bundestagswahl sei noch nicht entschieden. Der von Ronald Schill angestrebte Kokain-Test zur Widerlegung von Drogenvorwürfen ist nach Ansicht eines Experten nicht beweiskräftig. Der Toxikologe Benno Rießelmann vom Berliner Landesinstitut für gerichtliche und soziale Medizin sagte der Berliner "Tageszeitung" (Mittwoch-Ausgabe), mit dem Haartest lasse sich nur häufiger Kokainkonsum nachweisen. Schill müßte mindestens ein bis zwei Mal wöchentlich Kokain genommen haben, damit ein sicherer Nachweis erbracht werden könne. (apa/DER STANDARD Print-Ausgabe, 13.2.2002)