Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus: Mit seiner Entscheidung, Iran mit dem Irak und Nordkorea in die "Achse des Bösen" einzureihen, hat George W. Bush den Revolutionsfeiern in Teheran ein logisches Leitmotiv verpasst. Präsident Khatami sandte ein paar bittere Retourbotschaften nach Washington, bezeichnete die US-Außenpolitik als "doppelbödig" und ihren eigenen Ansprüchen nicht genügend. Die zügellose Rhetorik der aufgebrachten Demonstranten ("amerikanischer Satan") mag Erinnerungen an das heiße Jahr 1979 geweckt haben, als das Schah-Regime gestürzt wurde.

Der US-Grimm über das zwischen Reformern und Konservativen zerrissene Land hat viele Gründe. Washington verdächtigt Teheran, die in Afghanistan installierte Karsai-Regierung und den Kampf gegen den Terror nicht ausreichend zu unterstützen. Eine wahrscheinlich aus Teheran kommende Waffenlieferung an die libanesische Terrorgruppe Hisbollah hat für Unmut gesorgt. Nicht zuletzt hält Washington den Vorwurf aufrecht, dass Iran heimlich an Massenvernichtungswaffen arbeite.

Den Konservativen in Iran kommt die neue Ruppigkeit der USA nicht ungelegen, um ihre eigene bröckelnde Machtbasis mit dem Verweis auf den Außenfeind zu konsolidieren. Dass der 2001 mit einer überwältigenden Mehrheit von 77 Prozent in seinem Amt bestätigte Reformer Khatami sich so deutlich auf Washington eingeschossen hat ("halten sich für die Herren der Welt"), zeigt, dass er danach trachten muss, seinen konservativen Widersachern den Wind aus den Segeln zu nehmen. Während vielfach die Befürchtung laut wird, die Amerikaner schwächten jetzt die Reformer, hat sich Washington zu einer anderen Sichtweise durchgerungen: Wer den Hardlinern etwas durchgehen lässt, tut den Reformern nichts Gutes. Das Risiko, mit dieser Haltung schwer kalkulierbare politische Verwerfungen hervorzurufen, will die Regierung Bush offenkundig tragen. (DER STANDARD Print-Ausgabe, 12.2.2002)