Österreich
Und täglich murrt der Ambulanzbesucher
Tausende Beschwerden setzen Krankenkassen unter Druck
Wien - 5000-mal pro Tag klingeln die Telefone der Hotline
der oberösterreichischen Gebietskrankenkasse, die zur
Einhebung der Ambulanzgebühr eingerichtet wurde
(0732/78 07-1116). Jeder der 65 Kassenmitarbeiter, der am
Ratgebertelefon sitzt, muss durchschnittlich 76 Patientenanrufe entgegennehmen.
Vor allem in den Tagen
nach der Aussendung der
Zahlscheine (10,9 € mit Überweisung, 18,17 € ohne) kämen
die Anrufe "geballt", sagt Vizedirektor Hans Popper zum
Standard. Allein in Oberösterreich werden dieser Tage fast
114.000 Vorschreibungen für
Ambulanzbesuche (2,7 Mio. €)
verschickt.Den sieben Telefonisten der
Hotline der GKK Salzburg
(0662/88
89-333) ist nach
Tausenden Anrufern nichts Menschliches mehr fremd.
Die Palette des Anruferverhaltens reicht von "höflich bis
flegelhaft, aber auch bösartigste Reaktionen gibt es", erzählt
Kassenchef Harald Seiss und
stöhnt unter "irrem Verwaltungsaufwand und Riesenproblemen" durch die Ambulanzgebühr. Müsse er doch
von 1999 bis 2003 ein Fünftel
des Verwaltungspersonals abbauen - bekomme aber gleichzeitig neue Aufgaben wie die
Abwicklung der Ambulanzgebühr aufgebürdet.
Aufwendiges Prozedere
Das Prozedere ist extrem
verwaltungsaufwändig. Die
Ambulanzen schicken die Daten an die Kasse, diese an den
Hauptverband, wo die Patienten der richtigen Kasse zugeordnet und die Daten hinverschickt werden. Die Kassen
schicken dann die Rechnung
aus - und dürfen sich Beschwerden über "offensichtlich sehr viele fehlerhafte
Meldungen" anhören, so
Seiss. Im Burgenland soll etwa Schwangeren, die gebührenbefreit sind, die Gebühr vorgeschrieben worden sein. Jeder
einzelne Fall muss von der
Kasse geklärt werden. Seiss
fordert daher unbedingt eindeutigere und weniger Ausnahmen sowie die Einhebung
der Gebühr gleich im Spital.
Eine Ansicht, die auch
Hauptverbandsgeschäftsführer Josef Probst teilt: Die Gebühr solle direkt am "point of
sale" verrechnet werden. Die
jetzige Abwicklung "führt logischerweise zu Problemen".
Der Chef der GKK Wien,
Franz Bittner, weiß ebenfalls
von "gewaltigen Beschwerden". Resümee: "Man kann
den Kassen und den Menschen helfen, indem man die
Ambulanzgebühr abschafft."
Gesundheitsstaatssekretär
Reinhart Waneck (FP) ist indes vom Lenkungseffekt der
Ambulanzgebühr überzeugt.
Er forderte vom Hauptverband
klare Einhebungsrichtlinien. (Lisa Nimmervoll, Der Standard, Printausgabe, 12.02.02)