Park City – Martin Rettl hat die großen Hoffnungen, die in ihn gesetzt worden sind, erfüllt. Der 28-jährige Tiroler holte am Mittwoch im Eiskanal von Park City nach dem WM-Titel im Vorjahr auch eine olympische Silbermedaille im Skeleton. Olympiasieger wurde der US-Amerikaner Jim Shea mit der Gesamtzeit von 1:41,96 Minuten, damit war er nur um fünf Hundertstel schneller als der Österreicher. Für das ÖOC-Team war es insgesamt die 14. Medaille, davon die vierte in Silber. Und Shea machte 70 Jahre nach dem Doppel-Olympiasieg seines Großvaters ein wahres Sportmärchen wahr.

Rettl als fairer Geschlagener

"Ich bin mehr als überglücklich. Ich bin mit dem selben lockeren Gefühl runter gefahren wie vergangenes Jahr bei der WM", jubelte Rettl, der im Auslauf der Bahn seinem besten Freund im Skeletonzirkus, Jim Shea, sehr herzlich und ehrlich gratulierte. "Ich freue mich sehr für ihn, auch mit dem Schicksal, das er gehabt hat."

Sieg für den Großvater

Sheas 91-jähriger Großvater, der als ältester US-Olympiasieger hätte geehrt werden sollen, war am 29. Dezember vergangenen Jahres tragisch ums Leben gekommen. Ein betrunkener Autofahrer hatte Jack Shea überrollt. Shea senior hatte 1932 in Lake Placid zwei Mal Eisschnelllauf-Gold geholt, sein Sohn Jim war 1964 in Innsbruck in der Nordischen Kombination am Start. Vater und Sohn Jim Shea hatten bei der Eröffnungsfeier in Salt Lake City die Olympische Flamme ins Stadion getragen, der nunmehrige Olympiasieger hatte den Eid gesprochen.

Dramatischer Verlauf

Die Geschichte dieses ersten olympischen Skeletonrennens seit 1948 war dramatisch. Nach dem ersten Lauf lag Rettl 13 Hundertstel hinter Lokalmatador Shea an zweiter Stelle, weitere fünf Hundertstel dahinter lag sensationell der Ire Clifton Wrottesley, der letztlich auf Rang vier zurück fiel.

Entscheidung in letzter Kurve

Das Duell Jim Shea-Martin Rettl riss das fanatische Publikum mit. Rettl lag in Führung und war auch während des Laufs von Shea bei der dritten, vierten und fünften Zwischenzeit, der letzten vor dem Ziel, eine Hundertstel vor Shea. "Ich wusste, dass man in der Zielkurve bis zu zwei Zehntel gewinnen oder verlieren kann", hatte sich Rettl nicht zu früh auf dem Gold-Trip gewähnt. Und als die Silbermedaille fest stand, war keine Spur von Enttäuschung im überglücklichen Gesicht des Tirolers zu sehen.

Die Freudin aus dem Internet

Die erste Gratulantin Rettls war dessen Freundin Amanda. "Ich habe sie übers Internet kennen gelernt, als sie mir mit einem Foto zum WM-Titel gratuliert hat", erzählte Rettl die kuriose Geschichte, wie er die in Albany, New York lebende US-Amerikanerin kennen gelernt hat. Erst beim Weltcup in Lake Placid haben die beiden einander erstmals gesehen.

Gemeinsame Freude

Sehr schön anzusehen waren die ausgelassenen Siegesfeiern der drei Medaillengewinner, Bronze ging an Weltcupsieger Gregor Stähli aus der Schweiz. Hier freute sich wirklich jeder für jeden.(APA)

Der zweite Österreicher Christian Auer hatte den zwölften Platz belegt.(APA)

Ergebnisse des Skeletonbewerbs der Herren am Mittwoch bei den XIX. Olympischen Winterspielen in Salt Lake City:

1. Jim Shea (USA)
1:41,96 Minuten (50,89/51,07)
2. Martin Rettl (AUT)
+0,05 Sek. (51,02/50,99)

3. Gregor Stähli (SUI)
+0,19 (51,16/50,99)
4. Clifton Wrootesley (IRL)
+0,61 (51,07/51,50)
5. Lincoln Dewitt (USA)
+0,87 (51,63/51,20) 6. Jeff Pain (CAN)
+0,96 (51,51/51,41)
7. Chris Soule (USA)
+1,02 (51,89/51,09)
8. Kazuhiro Koshi (JPN)
+1,06 (51,50/51,52)
9. Wilfried Schneider (GER)
+1,18 (51,67/51,47)
10. Duff Gibson (CAN)
+1,20 (51,40/51,76)
11. Frank Kleber (GER)
+1,38 (51,58/51,76)
12. Christian Auer (AUT)
+1,41 (51,81/51,56)

1. Lauf: 1. Shea 50,89 – 2. Rettl +0,13 – 3. Wrottesley +0,18 – 4. Stähli +0,27 – 5. Gibson +0,51 – weiter: 12. Auer +0,92

2. Lauf: 1. ex aequo Rettl und Stähli 50,99 – 3. Shea +0,08 – 4. Soule +0,10 – 5. Dewitt +0,21 – weiter: 11. Auer +0,57