EU
ÖVP sieht sich als "die Europa-Partei"
Rauch-Kallat verteilt Zeugnisse: SPÖ "am wenigsten EU-freundlich" - Temelin und Benesdekrete kein Thema
Wien - Die ÖVP präsentierte am Montag ein Grundsatzpapier
zum Thema EU-Erweiterung. Das Motto des 29-seitigen Papiers lautet
"Die Europäische Union erweitern - Österreich gut darauf
vorbereiten". Außenministerin Benita Ferrero-Waldner, die
EU-Abgeordnete Ursula Stenzel und Generalsekretärin Maria
Rauch-Kallat positionierten die ÖVP bei einer Pressekonferenz
anlässlich der Präsentation als "die österreichische Europa-Partei".
Ins Visier der Kritik nahmen die drei ÖVP-Politikerinnen die SPÖ, die
in der Geschichte in Fragen der Europapolitik immer auf der falschen
Seite gestanden sei. Auch die Grünen seien nicht europafreundlich -
im Gegensatz zur heutigen FPÖ. Nach mehrmaligem Nachfragen räumte Rauch-Kallat dann aber doch
ein: der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider (F) sei in Europafragen
einen Zick-Zack-Kurs gefahren. Das Regierungsteam der Freiheitlichen
bekenne sich aber klar zur Erweiterung und nehme "eine überaus
freundliche, wenn auch kritische Haltung" ein. Kritik müsse aber
möglich sein. Und: in den europakritischen Zeiten der FPÖ seien die
Freiheitlichen im Gegensatz zur SPÖ auch nicht in der Regierung
gesessen.
Den Sozialdemokraten warf Rauch-Kallat konkret vor: sie seien in
den wichtigsten Fragen der jüngeren europäischen Geschichte auf der
falschen Seite gestanden, bis heute würden sie in der Europapolitik
vor allem dadurch auffallen, "dass sie die richtige Politik
verhindern oder zumindest behindern wollen". SPÖ-Vorsitzender Alfred
Gusenbauer etwa sei eindeutig gegen einen EU-Beitritt Österreichs
gewesen. ÖGB-Chef Fritz Verzetnitsch habe noch 1998 mit einem "Nein
zur Osterweiterung" gedroht.
"SPÖ am wenigsten Europa-freundlich"
"Die SPÖ ist damit eindeutig jene Partei in Österreich, die am
wenigsten Europa-freundlich ist", hielt Rauch-Kallat fest. Und die
ÖVP sei "die einzige Partei, die schon immer für die Erweiterung
unserer westeuropäischen Wertegemeinschaft eingetreten ist".
Ferrero-Waldner bezeichnete das Positionspapier der ÖVP zur
EU-Erweiterung als "Bekenntnis zu einer Nachbarschaftsgemeinschaft in
Mitteleuropa", als "Bekenntnis, das Instrument EU so zu nutzen, dass
alle Österreicher davon profitieren" und als "ein Bekenntnis dazu,
nicht nur Probleme aufzuzeigen, sondern diese auch - unter Wahrung
österreichischer Interessen - ganz konkret zu lösen". Als Beispiele
nannte sie die erreichte sieben-jährige Übergangsfrist bei der
Arbeitnehmerfreizügigkeit, die Transitregelung sowie das mit
Tschechien ausverhandelte Sicherheitsprogramm in Sachen Kernenergie.
Hartes Verhandeln lohne sich, so die Botschaft Ferrero-Waldners, die
zudem die wirtschaftlichen Chancen Österreichs durch die Erweiterung
unterstrich.
Top 3 als Ziel
Ziel sei es, unter die Top 3 Europas zu kommen, so Ferrero-Waldner
und Stenzel unisono. Stenzel hob zudem einmal mehr die Position
Österreichs im Herzen Europas hervor. "Wir sind ein Land in der Mitte
und können auch Mittler im Erweiterungsprozess sein", so Stenzel.
Die Begriffe "Temelin" und "Benes-Dekrete" werden in dem Papier
übrigens nicht erwähnt. Als Punkt 63 der insgesamt 70 Punkte wird zum
Thema Atomkraft lediglich fest gehalten: "Die Erweiterung der
Europäischen Union eröffnet ganz neue Perspektiven besonders in
Fragen der nuklearen Sicherheit." Erstmals in der Geschichte der EU
sei nukleare Sicherheit ein EU-Beitrittthema, das eröffne der
österreichischen Strategie zur Schaffung gemeinsamer
EU-Sicherheitsstandards neue Möglichkeiten. Und: Österreich werde
sich weiter für den Ausstieg aus der Kernenergie in Europa "aktiv
einsetzen". Die Benes-Dekrete seien keine Angelegenheit der
Erweiterungsverhandlungen, hielt Ferrero-Waldner auf eine
entsprechende Frage fest. (APA)