Inland
Oberstufenreform: Gehrer will Kurssystem erst erproben lassen
Schulversuche soll vor endgültiger Einführung kommen - SPÖ zustimmend
Wien - Die Einführung eines gemäßigten Kurssystems in der 7.
und 8.Klasse der AHS dürfte im Zuge der Oberstufenreform noch nicht
verwirklicht werden. Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (V) sprach
sich dafür aus, dieses Modell zunächst in
Schulversuchen zu erproben. Sie sei aber nicht grundsätzlich gegen
einen solchen Vorschlag, betonte die Ministerin. Generell müsse der Level der AHS nach der Reform erhalten bleiben,
meinte Gehrer. So dürfe es etwa nicht möglich sein, bei Schülern
unbeliebte Fächer wie Mathematik abwählen zu können: "Das Gymnasium
muss auch weiterhin Allgemeinbildung vermitteln."
Als Eckpunkte der Reform nannte Gehrer die Erweiterung der
Autonomie der AHS. In der Oberstufe solle die einzelne Schule einen
gewissen Anteil der Stundentafel selbst gestalten können. Außerdem
werde die Einführung von Informatik bereits ab der ersten Klasse
ermöglicht und ab der dritten Klasse eine Wahlmöglichkeit zwischen
Latein und der zweiten lebenden Fremdsprache verankert. Das dabei
nicht gewählte Fach steht dann ab der fünften Klasse auf dem
Stundenplan.
Einen weiteren Vorstoß will Gehrer auch bei der Integration von
Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf an Polytechnischen
Schulen unternehmen. Die Überführung dieses Schulversuchs ins
Regelschulwesen war im vergangenen Jahr an der dafür nötigen
Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament gescheitert, da die SPÖ nicht
zustimmte. Die Sozialdemokraten wollten die Integration auch an den
Höheren Schulen festgeschrieben wissen. Davon will wiederum Gehrer
nichts wissen. Sie halte es falsch, Jugendliche mit
sonderpädagogischem Förderbedarf bis zur Matura zu bringen: "Das
hilft den Menschen nicht ins Leben."
Vielmehr wolle sie bis spätestens 2003, dem von der UNO
ausgerufenen Jahr der Behinderten, gemeinsam mit Wirtschaft und
Arbeitsmarktservice neue Modelle zur "Anlehre" entwickeln. Dabei
werden Jugendliche, die auf Grund ihrer eingeschränkten Fähigkeiten
den Anforderungen einer Volllehre nicht entsprechen, für das spätere
Berufsleben trainiert.
Sowohl in der Frage der AHS-Reform als auch in der Frage der
Integration will Gehrer das Gespräch mit der SPÖ suchen. Ohne deren
Zustimmung würden beide Initiativen an der Zwei-Drittel-Mehrheit für
Schulgesetze scheitern.
SPÖ: Stoßrichtung stimmt
"Durchaus diskussionswürdig" sind für
SPÖ-Bildungssprecher Dieter Antoni die Vorschläge von
Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (V) zur Oberstufenreform. Die
SPÖ-Forderungen zur Einführung von Kurs- und Modulsystemen in der
AHS-Oberstufe seien berücksichtigt worden, wenn auch vorläufig nur in
Schulversuchen. "Das sind zwar nur kleinste Schritte, aber die
Richtung stimmt", meinte Antoni in einer Aussendung.
Die Sozialdemokraten würde bei einer Reform der Oberstufe "viel
weiter gehen", so der SPÖ-Bildungssprecher. Entsprechende
Schulversuche mit einem erweiterten Kurs- und Modulsystem seien
jedoch zu begrüßen. Dieses sollte Schulfachwahlmöglichkeiten bei
Fremdsprachen oder besonderen Interessen im Sinne einer
berufsspezifischen Ausrichtung der Ausbildung beinhalten.
Probleme sieht Antoni allerdings im Bereich der Integration von
Kindern und Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf: "Die
betroffenen Kinder nur bis zum Polytechnikum in den Schulbetrieb zu
integrieren, entspricht einer pädagogischen Sackgasse", so der
SPÖ-Bildungssprecher. Vielmehr solle die die Integration auch in den
Berufsschulen sowie zumindest in mittleren berufsbildenden Schulen
erfolgen. Auch in diesem Bereich solle Gehrer zumindest ihre
Bereitschaft zu Schulversuchen bekunden. (APA)