Zeit
Die NS-Atombombe
Carl Friedrich von Weizsäcker nimmt Stellung
München - Im Streit um die Rolle deutscher Physiker bei
der Entwicklung der Atombombe hat Carl Friedrich von Weizsäcker den
Wunsch zum weltweiten Verzicht auf die Waffe als Motiv für Kontakte
mit dem dänischen Atomphysiker Niels Bohr 1941 genannt. "Nachdem wir
zu dem Schluss gekommen waren, dass wir in Deutschland nicht im
Stande sein würden, eine Bombe zu bauen, jedenfalls nicht in der Zeit
des Kriegs, hatten wir den Wunsch, dass Amerika und England auch
keine Bombe bauen sollten", sagte von Weizsäcker der "Süddeutschen
Zeitung"."Bohr würden sie
glauben"
Dies hätten die deutschen Forscher den Amerikanern und Engländern
natürlich nicht direkt raten können. Werner Heisenbergs Hoffnung habe
aber bei dem gemeinsamen Besuch in Kopenhagen darin bestanden, Bohr
könne den Physikern dort mitteilen, dass Deutschland keine Bombe mehr
bauen würde. Im direkten Kontakt hätten Amerikaner und Engländer den
deutschen Physikern dies nicht geglaubt. "Aber Bohr würden sie
glauben", schilderte von Weizsäcker den Plan. Ein Grund für die
Mission sei dabei gewesen, "dass nicht eine Bombe auf uns fällt",
sagte der am Starnberger See lebende von Weizsäcker dem Blatt.
"Ich weiß genau, dass wir im Herbst 1941 auf dem Weg zu Bohr
wussten, dass wir keine Atombombe bauen konnten", betonte der
89-Jährige. Allerdings hätten die deutschen Physiker Atomreaktoren
bauen wollen. Der Bau eines Reaktors hätte vielleicht den Weg zur
Atombombe öffnen können, jedoch nicht während des Krieges. "Wir
wollten einfach nur einen Reaktor bauen."
Interpretationen
Am Mittwoch waren bisher unveröffentlichte Brief- und Textentwürfe
Bohrs bekannt geworden. Darin erklärt der 1962 gestorbene Forscher,
die deutschen Physiker hätten ihn von der Unausweichlichkeit eines
deutschen Sieges durch noch zu entwickelnde Atombomben im Zweiten
Weltkrieg überzeugen wollen.
Von Weizsäcker sagte der SZ, Bohr habe wohl Grund oder ein Gefühl
gehabt, dass er Heisenberg nicht glauben brauche, die Deutschen
hätten den Bau der Atombombe aufgegeben. Möglicherweise habe Bohr
gedacht, dass die Alliierten rechtzeitig die Atombombe erfinden und
Deutschland atomar besiegen könnten. Es sei möglich, dass er sich
deshalb nicht auf Heisenbergs Plan eingelassen habe, einen weltweiten
Verzicht der Atombombe zu bewirken.(APA/dpa)