Stephen Case, Chairman von AOL Warner, brachte es auf den Punkt: Wir brauchen endlich eine flächendeckende Simplifizierung, sagte er in einer Diskussion über die Zukunft der Telekommunikation beim Weltwirtschaftsforum in New York. Die Botschaft verbreitete sich und ward bei Mittag- und Abendessen vernommen.Simplifizierung – dieses Stichwort nahm auch Sony-Chef Nabuyuki auf und verlangte Handys, die alles können. Der Hinweis auf die "Communicators" von Nokia und Ericsson genügte ihm nicht. Er will Telefon, E-Mail und Internet auf einfach und mini. Vor allem aber: überall verständlich. Das scheitert nach wie vor an den akzeptierten oder nicht akzeptierten Standards. Als in einer der New Yorker Debatten ein amerikanischer Industrieller aufstand und sagte: "Ich kann in der Schweiz beim Skilaufen mein Handy nicht verwenden. Das ist ein Skandal", erntete er schallendes Gelächter. Die USA verhinderten die Implementierung des äußerst erfolgreichen GSM-Standards, warf Volker Jung, Siemens-Vorstandsmitglied in München, den Amerikanern vor. Michelangelo Volpi, Chefstratege von Cisco, gab zu, dass die Handy-Infrastruktur "extrem unterentwickelt" sei. Dasselbe gelte für die Breitbandtechnologie. In allen Debatten zu Fragen der Telekommunikation war man sich einig, dass die USA auch hier zu den Bremsern gehöre. Genereller Befund: Die USA hätten das Image eines Staates ohne viel Regulative. Das Gegenteil sei wahr. Volker Jung: "Die deutsche Regierung hat sich hier nie eingemischt. In Europa ist das alles nur eine Frage des Preises." Deshalb sei Deutschland auf dem Breitbandsektor besser gerüstet als England. Den Absturz der überhitzten Konjunktur bei den Neuen Medien sieht man allgemein als "abgeschlossen". Die Konsolidierung werde jedoch viel langsamer vor sich gehen. Michael Powell von der Regierungskommission für Telekommunikation in den USA: "Es war ein riesiges Missverständnis zu glauben, dass sich Geschäftsstrukturen wie Softwareprogramme bewegen lassen." Man müsse mit einer Rückkehr zu traditionellen Businessmodellen rechnen. Vivendi-Chef Jean-Marie Messier erläuterte: "Statt Fusionen wird es mehr Allianzen geben. Und statt verrückter Finanzierungsmodelle solides Business." Ein Problem wurde mehrmals erwähnt: Vieles (wie z.B. Onlinezeitungen) sei so billig oder gar kostenlos, dass sich die (jungen) Konsumenten nur schwer überzeugen ließen, dafür zu zahlen. Manche Bereiche würden weiterhin kostenlos sein. (Gerfried Sperl - DER STANDARD Printausgabe)