Arbeitsmarkt
Kursanbieter unter Druck
Bei Schulungskosten für Arbeitslose soll heuer hart gespart werden
Wien - "Wir haben keinen
Spielraum mehr. Wenn wir
gezwungen sind, noch billiger
zu werden, wird die Qualität
der Schulungen für Arbeitslose schwächer." Herwig Stage,
Chef des Wiener Berufsförderungsinstitutes (bfi), kann im
Standard-Gespräch die Pläne
von Herbert Buchinger, Chef
des Arbeitsmarktservice
(AMS), nicht nachvollziehen.
Buchinger hatte angekündigt,
dass "heuer jeder Förderfall
um sieben Prozent billiger
werden müsse".Hintergrund der angedrohten Sparmaßnahme: Das AMS
hat heuer mit 603 Mio. € (8,3
Mrd. S) gerade gleich viel Geld
wie im Vorjahr für aktive Arbeitsmarktpolitik zur Verfügung. Gleichzeitig werden
aber 2002 mit 221.000 rund
19.000 Arbeitslose (+9,2 Prozent) mehr als im Vorjahr prognostiziert. Die Arbeitslosenquote wird auf 6,6 Prozent
(nach 6,1 Prozent) steigen.
Reserve eingefroren
Um zumindest die 603 Budgetmillionen für heuer darzustellen zu können, hat sich
Arbeitsminister Martin Bartenstein bei Ministerin Elisabeth Gehrer und ihrem Amtskollegen Herbert Haupt insgesamt 220 Mio. S "ausborgen"
müssen, die aus nicht verbrauchten ESF-Mitteln übrig
geblieben sind. Gleichzeitig
bleibt jedoch der eiserne
AMS-Notgroschen in Höhe
von 1,5 Mrd. S "eingefroren"
und kann dadurch heuer nicht
für aktive AMS-Maßnahmen
eingesetzt werden.
Grüne und Sozialexperte erbost
Dies erbost vor allem Kritiker wie Karl Öllinger von den
Grünen und AK-Sozialexperte
Josef Wallner. Auf Anfrage befürchten beide, dass dieses
"dringend benötigte Geld
schlussendlich nur den Begehrlichkeiten von Finanzminister Karl-Heinz Grasser geopfert wird."
Eine Entspannung am Arbeitsmarkt ist jedenfalls nicht
in Sicht. Buchinger geht davon aus, dass diese erst 2003
kommt. Springt der Konjunkturmotor rechtzeitig an, könnte sich die Zahl der Joblosen
dann auf 213.000 (-0,8 Prozent) verringern.
Als zukünftige Qualifizierungsschwerpunkte bezeichnet das AMS die Bereiche IT,
Telekommunikation und den
Sozial- bzw. Pflegebereich.
Als erfolgreiche Bilanz präsentierten die AMS-Chefs die
Vorjahresentwicklung. Insgesamt 438.000 (+3,3 Prozent)
Jobsuchende fanden wieder
einen Arbeitsplatz. Für 92
Prozent dauerte die Suche bis
zu sechs Monate, sechs Prozent brauchten bis zu einem
Jahr, um eine neue Anstellung
zu finden, zwei Prozent noch
länger. Ältere "über 45" konnten um 13 Prozent mehr vermittelt werden, und auch 4000
Frauen mehr als im Jahr 2000
konnten einen Job ergattern.
Stolz ist das AMS besonders
darauf, dass das im Nationalen
Beschäftigungsplan formulierte Ziel, den Anteil der Jobsuchenden - die an Arbeitsmarktmaßnahmen teilnehmen - auf zwanzig Prozent zu
steigern, knapp erreicht werden konnte. Nachsatz Öllinger
dazu: "Bei einem Mehr an
19.000 Arbeitslosen und
gleich viel Cash wird man sich
damit nicht mehr lange
schmücken können." (Monika Bachofer, Der Standard, Printausgabe, 08.02.02)