Inland
Integration nach "Rohrstaberlprinzip"
Caritas-Präsident Franz Küberl ist über das Regierungs-Ausländerpaket entsetzt - Strasser wegen vorzeitiger Veröffent- lichung auf FPÖ sauer
Wien - "Ich kann mir nicht
vorstellen, dass das stimmt,
was da kolportiert wird. Wenn
es so ist, dann will diese Bundesregierung keine Integration." Caritas-Präsident Franz
Küberl zeigte sich am Mittwoch über die veröffentlichten Inhalte des Regierungs-Ausländerpakets entsetzt. Integration dürfe nicht einzig
und allein auf die Deutschkenntnisse der Zuwanderer
reduziert werden. Sein Urteil
fällt vernichtend aus: "Das ist
ein Modell nach dem Rohrstaberlprinzip."
Besonders ärgert ihn der
Plan, die vorgesehenen
Deutschkurse für arbeitslose
Ausländer mit dem Arbeitslosengeld - bei einer Weigerung folgt die Kürzung der Unterstützung - zu koppeln. Küberl
im Gespräch mit dem
Standard
: "Das Arbeitslosengeld ist eine Versicherungsleistung, kein Gnadengeld."
Laut Presse-Bericht haben
sich ÖVP und FPÖ bereits
weitgehend geeinigt. So sollen
Zuwanderer künftig ein Jahr
lang Zeit haben, um einen
verpflichtenden Kurs in
Deutsch und Staatsbürgerkunde zu absolvieren. Die
Abwicklung sollen Erwachsenenbildungseinrichtungen
übernehmen. Bei einem
Scheitern oder auch nur
"Schwänzen" des Sprachkurses drohen abgestufte Sanktionen. Während einer Nachfrist muss der Zuwanderer die
vollen Kursgebühren zahlen -
im "Normalfall" berappt der
Bund die Hälfte. Danach reichen die Sanktionen von
Geldstrafen bis zum Verlust
der Aufenthaltsgenehmigung.
Geklärt soll auch die Frage
sein, ob die Aufenthaltsbewilligung mit der Beschäftigungsbewilligung verknüpft
wird. Nur wer als Schlüsselarbeitskraft ins Land kommt,
wird künftig diese Möglichkeit erhalten. Menschen, die
in die Familienzusammenführungsquote fallen, soll die
Koppelung hingegen verwehrt
werden.
Innenministerium schwächt ab
Im zuständigen Innenministerium versuchte man am
Mittwoch, kräftig abzuschwächen. Noch sei das Paket nicht
ganz fertig geschnürt, widersprach Gerhard Karner, der
Sprecher von Innenminister
Ernst Strasser. Eines bestätigte
er allerdings: Der 1. Juli 2002,
der als Termin für das In-Kraft-Treten geplant ist, werde
kaum haltbar sein, das Paket
vermutlich 2003 umgesetzt.
Dazwischen sei noch genügend Zeit für Diskussionen.
Allerdings wollen SPÖ, Grüne
und auch viele NGOs nicht darauf warten. Sie reagierten mit
scharfer Kritik auf die kolportierten Pläne. Die Migrationssprecherin der Grünen, Terezija Stoisits, sieht darin Straf- statt Integrationsmaßnahmen.
Über den Innenminister sagte
sie, dieser könne sein Amt
dem freiheitlichen Klubobmann Peter Westenthaler zur
Verfügung stellen, denn der
kolportierte Entwurf trage
ausschließlich dessen Handschrift. Mit der Aufrechterhaltung des Quotensystems beim
Zugang zum Arbeitsmarkt erhalte Strasser ein europaweit
einzigartiges Integrationshindernis weiter aufrecht, kritisierte Stoisits. SP-Sicherheitssprecher Rudolf Parnigoni
sprach von einem "Desintegrationspaket".
Strasser sauer auf FPÖ: Erst gackern, wenn das Ei gelegt ist
"Ironisch-säuerlich" reagiert Innenminister Ernst
Strasser selbst quittierte laut "Kurier" die
Indiskretion der FPÖ, die zur vorzeitigen Veröffentlichung von Details des
geplanten Integrationsvertrages in der "Presse" geführt hatte, ironisch-bitter: "Es ist
super, wenn man professionelle Partner hat", und: "Es ist alles andere als
professionell, wenn Versatzstücke oder Mosaiksteine an die
Öffentlichkeit gelangen, ohne dass man den Gesamtentwurf kennt".
Die abgestimmte Vorgangsweise zwischen Schwarz und Blau habe
gelautet, alles genau vorzubereiten, sich Zeit zu nehmen und dann das
Produkt zu präsentieren. "Man sollte erst dann gackern, wenn das Ei
gelegt ist", merkte Strasser an. (pm, DER STANDARD, Printausgabe, 7.2.2002, APA)