Wien - An "ihr Leuchten", das nur mit jenem Oskar Werners vergleichbar war, erinnert sich nicht nur André Heller, "ein Leuchten, dem man sich nicht entziehen konnte".Unmittelbar nach dem Krieg begann Inge Konradis Stern auf den Wiener Bühnen zu leuchten. Nachdem sie bereits 1942, gerade 18-jährig, mit einer der schönsten Rollen Lessings, als hellwache Dienerin Franziska an der Seite der früh emanzipierten Sächsin Minna von Barnhelm ihr furioses Bühnendebut gefeiert hatte, wechselte sie Anfang der Fünfziger Jahre in das Ensemble des Burgtheaters. Jahrzehnte sollten folgen, in denen ihr wahrhaftiges Spiel, die eigentümliche Melodik ihrer Stimme, ihr Witz in der Interpretation der Rollen von Nestroy, Raimund und Horváth das Maß bildeten, an dem sich jüngere Schauspielerinnen zu messen hatten. Josef Meinrad und die Konradi galten als Traumpaar des Wiener Publikums, ihre gemeinsamen Auftritte etwa in Nestroys Einen Jux will er sich machen (1957) in Raimunds Die unheilbringende Krone (1961) oder in Molnárs Liliom (1963) schrieben Wiener Theatergeschichte. Zumal ihr Christopherl im Jux hielt Einzug in die Annalen und die Gedächtnisse. Wien blieb Inge Konradi, die 1924 als Tochter einer Künstlerin, der Tänzerin Anna Löw, in Wien geboren wurde, ein Leben lang treu. Hier lehrte sie am Reinhardt-Seminar, das sie selbst einst besucht hatte. Hier glänzte sie bis in die späten Achtziger Jahre in zahllosen Rollen auf der Burgtheater-Bühne. Erst künstlerische Differenzen mit Claus Peymann veranlassten sie, dem Theater den Rücken zu kehren. In den letzten Jahren fand sie wieder zum Film, in dem sie bereits am Anfang ihrer Karriere, etwa in Rendezvous im Salzkammergut - auch hier an der Seite Josef Meinrads - große Erfolge gefeiert hatte. In der Regie Xaver Schwarzenbergers spielte sie in Lamorte, in Single Bells und zuletzt in O Palmenbaum. Am Montag erlag Inge Konradi in Wien 77-jährig ihrem Krebsleiden. Im Fernsehen und im Bellaria-Kino aber wird es noch lange leben, jenes "besondere Leuchten" der Konradi, von dem André Heller bis heute schwärmt. Cornelia Niedermeier - DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 6.2.2002