Zwei Tage im Leben des reichsten Mannes der Welt. Sonntag noch in New York, beim Weltwirtschaftsforum mit U2-Rockstar Bono flammenden Appell für mehr Hilfe für die Armen in der Welt gehalten. Dann düstere Prognose zur Wirtschaftslage: Auch in diesem Jahr keine Aussicht auf Erholung. Kürzungen bei IT-Budgets, rundum Überkapazitäten, kurzum: "Die Wirtschaft wird sich 2002 seitwärts bewegen".Mit Privatjet und Hubschrauber zur Hofburg Montag schließlich in Wien, Privatjet und Hubschrauber zur Hofburg sei Dank: Auftritt bei der Microsoft-Developer-Konferenz, um für die internetzentrierte Entwicklungsstrategie von Microsoft zu werben. Gespräche mit Wirtschaftsbossen, Bundeskanzler und Vizekanzlerin. Abendvortrag über die Zukunft, in Anwesenheit des Finanzministers. Auf die Frage, ob er die ersten Anzeichen der wirtschaftlichen Erholung in den USA auch in seinem Unternehmen spüre, meinte Gates: "Ich erwarte heuer eine leichte, aber nicht sehr dramatische Erholung." Gates befürchtet, "dass es noch zwei bis drei Jahre dauern wird, bis es wieder einen Produktionsschub gibt, der die Wirtschaft auf das Niveau von 1999 anheben wird". Wiens Hotellerie bekam Gates nicht zu Gesicht: Abends hob sein Jet Richtung Schweiz ab. Dritter Besuch Nicht zu vergessen: KPÖ-Proteste gegen den Mann, der seit acht Jahren die Hitparade der reichsten Amerikaner anführt. Nach letzter Messung (Ende August 2001) von Forbes, quasi das amtliche Organ in Fragen Reichtum, mit einem Nettovermögen von 54 Mrd. Dollar. Mit 24,2 Mrd. Dollar (für Gesundheitspflege in Entwicklungsländern) führt die "Bill und Melinda Gates Foundation" auch die philantropische Hitliste an. Gates stattete Wien seinen dritten Besuch ab. Zuletzt, 1994, propagierte er Windows NT als "die nächste große Sache", den (erfolgreichen) Aufstieg Microsofts vom Einzelplatzcomputer zu Netzwerkcomputern. Diesmal geht es um die ".Net-Strategie" zur Eroberung des Internets. Glaubwürdigkeitsproblem Dabei hat Microsoft ein Glaubwürdigkeitsproblem: Wenn das Internet zu unserer zentralen Daten-Bank werden soll, der wir von Liebesbriefen, Geschäftsinterna und Alltagsorganisation bis zum Bankkonto und Steuererklärung alle Geheimnisse anvertrauen, muss es ein Ende mit Viren, Würmern und Crashs haben. Diese Glaubwürdigkeit herzustellen, das war die eigentliche Mission von zwölf Stunden Bill Gates in Wien. (spu)