International
Amerikaner nehmen Irak ins Fadenkreuz
Erneute Drohung gegen "Schurkenstaaten"
München - Im Feldzug gegen den internationalen
Terrorismus haben führende US-Politiker den Irak als nächstes Ziel
ins Visier genommen. Senator John McCain sagte am Samstag auf der
Münchner Konferenz für Sicherheitspolitik: "Die nächste Front ist
offensichtlich. Ein Terrorist residiert in Bagdad." Auch der
stellvertretende US-Verteidigungsminister Paul Wolfowitz drohte
Schurkenstaaten mit Konsequenzen, ohne allerdings Namen zu nennen.
Dagegen sagte der deutsche Verteidigungsminister Rudolf Scharping:
"Es gibt keine militärischen Planungen zum Irak. Das macht keinen
Sinn." Der Irak sei weiterhin ein Problem und müsse mit mehr Druck
veranlasst werden, die UNO-Beobachter wieder ins Land zu lassen,
sagte Scharping. McCain dagegen erklärte, es sei allein schon ein
Kriegsgrund, wenn Diktatoren Terroristen Unterschlupf gewährten und
Massenvernichtungswaffen entwickelten. Auch US-Senator Joseph
Lieberman sagte, der Irak sei "eine klare und gegenwärtige Gefahr".
Wolfowitz sagte: "Wir befinden uns im Krieg." Die einzige
Verteidigung gegen Terroristen sei, den Krieg zum Feind zu tragen.
Staaten, die Terrorismus tolerieren oder unterstützen, "werden die
Konsequenzen tragen müssen". US-Präsident George W. Bush hatte den
Irak, den Iran und Nordkorea Anfang dieser Woche zur "Achse des
Bösen" zusammengefasst.
Stoiber für militärische Verantwortung
Union-Kanzlerkandidat Edmund Stoiber forderte Europa auf, auch
militärisch "mehr Verantwortung für den Weltfrieden zu übernehmen".
Die EU-Staaten und vor allem Deutschland müssten ihre Wehretats
deutlich erhöhen. Die gewachsenen Verpflichtungen könnten nicht
erfüllt werden, "wenn wir unsere Armee kaputt sparen", sagte der
bayrische Ministerpräsident. "Wir Europäer dürfen uns nicht nur auf
Amerika verlassen." Die technologische Lücke zu den USA sei viel zu
groß. Die europäischen Soldaten seien bald "gar nicht mehr zum
gemeinsamen Handeln mit den US-Truppen in der Lage". Der Aufbau einer
europäischen schnellen Eingreiftruppe bleibe weit hinter den
Ankündigungen zurück. "Es wird ganz andere Anstrengungen und sehr
viel mehr Ernst verlangen, bis Ende 2003 eine solche Truppe von
60.000 Mann" aufzustellen.
Der italienische Verteidigungsminister Antonio Martino sagte, bei
der Verteidigung gegen den internationalen Terrorismus gebe es keine
geographischen Grenzen mehr. Bedrohungen aus gesetzlosen Regionen
oder von feindlichen Regimes könnten nicht einfach geduldet werden.
Vor allem im Mittelmeerraum müssten die Europäer einen größeren
Beitrag leisten. Auch die Stabilität der Weltmärkte müsse verteidigt
werden. "Wir müssen unser Sicherheitskonzept ausweiten."
Länder "allein gelassen"
Österreichs Außenministerin Benita Ferrero-Waldner sprach sich auf
der Konferenz für eine schnelle und umfassende Hilfe Afghanistans und
der gesamten zentralasiatischen Region aus. Die Stabilisierung
Afghanistans sei sehr wichtig, aber nicht allein ausschlaggebend für
die Stabilität der gesamten Region. Alle Länder derselben seien zu
lange "allein gelassen" worden. Eine rasche Hilfe Afghanistans sei
auch notwendig, um die Opium-Produktion des Landes zu beenden, so
Ferrero-Waldner weiter. Für die nähere Zukunft Afghanistans hielt die
Außenministerin eine Auflösung der nichtstaatlichen militärischen
Verbände für notwendig. Vorrang solle die Reintegration der vielen
Tausend Kämpfer in die zivile Gesellschaft haben.
Pakistan und Indien haben auf der Münchner Konferenz erneut ihre
unversöhnlichen Positionen im Kaschmir-Konflikt vorgetragen. Indien
habe Millionen Soldaten an der gemeinsamen Grenze stationiert und
damit für neue Gefahren gesorgt, sagte der pakistanische
Außenminister Abdul Sattar am Samstag vor den Experten. "Indiens
Entscheidung, zwei Raketentests in den letzten zehn Tagen zu machen,
war nicht weise und ungerechtfertigt." Indiens nationaler
Sicherheitsberater Brajesh Mishra forderte erneut Beweise von
Pakistan für ein entschlossenes Vorgehen gegen terroristische
Aktivität als Voraussetzung für eine Deeskalation. Pakistan teilte
mit, mittlerweile hätten 37.000 Menschen die Region an der Grenze zu
Indien verlassen.
An der Konferenz nehmen bis Sonntag rund 250 Spitzenpolitiker und
Militärexperten aus 43 Ländern teil. Minister aus Europa, Amerika und
Asien riefen fast einmütig zur Zerschlagung des internationalen
Terrorismus auf. (APA/AP/Reuters)