Wien - "Geld verdienen ist für ein Unternehmen eine Gesundheitsfrage, so überlebensnotwendig wie für den Menschen, Luft zu atmen", erläutert Antonella Mei-Pochtler. Shareholder-Value sei das eine, was das andere sei, darüber werde es aber eine Diskussion geben müssen, ist Antonella Mei-Pochtler, BCG-Geschäftsführerin für Deutschland und Österreich, überzeugt.

Eben ist Bolko von Oetinger, Senior Vice President der BCG, der schwerpunktmäßig Hightechunternehmen in Fragen der Unternehmensstrategie, der organisatorischen Erneuerung und Innovation berät, nach Wien angereist. Neben seiner Klientenarbeit leitet von Oetinger das BCG Strategieinstitut, an dem Wissenschafter unterschiedlichster akademischer Disziplinen die Natur der Strategie untersuchen. In Händen hält der Consultant sein jüngstes Buch: "Clausewitz - Strategie denken"*, prangt auf dem noch druckfrischen Werk.

Warum heute einen preußischen Militärstrategen aus dem 19. Jahrhundert lesen? "Clausewitz hat zwar ein Buch über Kriegsführung geschrieben, aber es ist viel mehr: Das Britische Museum hat ihn in einer Ausstellung als ,Philosophen des Krieges' bezeichnet", erläutert von Oetinger. - Was aus der Lektüre für die Welt des Managements zu lernen ist, erklärt er so: "Clausewitz hat eine Philosophie des Entscheidens unter hoher Unsicherheit entwickelt. Und risikoreiche Entscheidungen zu treffen ist die vornehmste Aufgabe von Führungskräften."

Ausschlaggebend für kluges Entscheiden sei die kritische Masse zwischen praktischer Erfahrung, gründlichem Durchdenken und emotionaler Bereitschaft, die sich im richtigen Zeitpunkt verdichteten. Oft lege man sich nämlich zu früh auf eine favorisierte Lösung fest.

Wichtig sei daher, das Feld der Möglichkeiten, so lange es geht, weit offen zu halten. Clausewitz spielte dialektisch mit den Alternativen, bis der kritische Punkt erreicht sei - erst dann entscheide er.

Er beziehe auch das scheinbar Abwegige bis zum Schluss mit ein. In der Wirtschaftswelt von heute sei aber zu beobachten, dass viele Manager just diese Spannung zwischen den Polaritäten nicht lange genug aushielten und dann so ihre Handlungsspielräume verkürzten.

Parallelen zu den Problemen und Herausforderungen des 21. Jahrhunderts und jenen des Kriegsphilosophen Clausewitz zieht von Oetinger so: "Europa befand sich in einem Prozess gewaltiger Umwälzungen. Das Entstehen der Nationalstaaten, die Nachwirkungen der Französischen Revolution, Aufstieg und Krise der jungen Großmacht Preußen waren der Hintergrund von Clausewitz' Denken.

Heute stehen wir vor ähnlich tiefgreifenden - aber völlig anders gelagerten -Veränderungen. Der rasante technologische Wandel und die Globalisierung bewirken, dass alte Gewissheiten schnell überholt sind und man ständig vor bisher unbekannten Herausforderungen steht." (Der Standard, Print-Ausgabe)