Mensch
"Es wird hier etwas versprochen, dessen Realisierung völlig in der Luft hängt"
Onkologe Ludwig hält ebenfalls nichts von Nabelschnurblut-Kampagne
Wien - Skeptisch äußerte sich Univ.-Prof. Dr. Heinz Ludwig,
Chef der onkologischen Abteilung am Krankenhaus Wilhelminenspital und
derzeitiger Präsident der österreichischen Gesellschaft für
Hämatologie und Onkologie, zu den aktuellen Inseraten für das "vorsorgende" Spenden von Nabelschnurblut: "Es geht um 'Konsumentenschutz' für
schwangere Frauen, der wahrzunehmen ist. Es wird hier etwas
versprochen, dessen Realisierung völlig in der Luft hängt. Die
Wahrscheinlichkeit, dass eine solche Nabelschnurblut-Spende für das
Kind genützt werden kann, ist fast Null." Stattdessen würde man in
Österreich "1,6 Milliarden Schilling Volksvermögen vernichten", wenn
man jede Schwangere für eine solche Spende auf privater Basis
gewinne."Ungeeignet"
Noch ein Punkt - so Ludwig - schränke die Anwendung von
Stammzellen aus Nabelschnurblut aus eigener Spende ein: Bei der
Behandlung von Krebserkrankungen seien sie einfach ungeeignet, weil
sie Krebszellen tolerieren würden: "Auf Grund der derzeitigen
Situation gibt es quasi kein Einsatzgebiet für
Nabelschnur-Stammzellen beim Spender." Am ehesten käme noch die
Rekonstitution des Knochenmarks nach hoch dosierter Chemotherapie in
Frage.
Allerdings, statt der Aufbewahrung von Nabelschnurblut bzw. daraus
gewonnener Stammzellen für das jeweilige Individuum könnte sich die
Möglichkeit von Spenderbanken - ganz ähnlich der Knochenmarkspende -
eröffnen. Die Transplantationsexpertin Univ.-Prof. Dr. Hildegard
Greinix: "In Düsseldorf gibt es eine sehr große solche 'Bank' für
Nabelschnur-Fremdspende. Doch es gibt in Deutschland bisher nur 24
Nabelschnur-Stammzell-Transplantationen." Es fehle derzeit einfach
noch an den Einsatzmöglichkeiten.
Die Möglichkeit
Allerdings, in den Spitälern des Wiener Krankenanstaltenverbundes
(KAV) will man auch keiner Schwangeren - so sie das wünscht - die
Möglichkeit zur Nabelschnurblut- bzw. Stammzellkonservierung durch
private Unternehmen verwehren. KAV-Generaldirektor Eugen Hauke: "Es
wird in unseren Spitälern keine Werbung dafür gemacht." Wenn eine
Frau aber mit einem Unternehmen einen solchen Vertrag abgeschlossen
habe, werde man die Abnahme des Blutes gewährleisten. Binnen zwei
Jahren hätten in den KAV-Spitälern rund 80 Frauen davon Gebrauch
gemacht, am Wiener AKH seien es pro Jahr "knapp über 100".
Laut Ludwig hatte ehemals Gesundheitsstadtrat Sepp Rieder die
Möglichkeiten für eine Nabelschnurspender-Bank evaluieren lassen. Das
Projekt - ins Auge gefasst hätte man das Krankenhaus Lainz bzw. das
Wilhelminenspital - sei aber nicht realisiert worden. Der Onkologe:
"Man hat sich nicht zu der Investition entschlossen." Gute Politik
sei es, den besten Zeitpunkt für ein solches Projekt zu wählen.
(APA)