International
Afghanen fordern Auskunft über Gefangene der US-Truppen
Soldaten nahmen nach Sturm auf Munitionsdepot bei Kandahar offenbar auch Vertreter der Regierung Karsai gefangen
Kabul - Die afghanischen Behörden haben von den USA am
Mittwoch Auskunft über das Schicksal von 27 Landsleuten verlangt, die
in der vergangenen Woche beim Sturm auf ein Munitionsdepot durch
US-Soldaten gefangen genommen worden sind. Nach afghanischen Angaben
befinden sich darunter auch Vertreter der Übergangsregierung von
Ministerpräsident Hamid Karsai, unter anderen der Polizeichef der
Provinz Urusgan, dessen Stellvertreter und einige Mitglieder des
Bezirksparlaments.Eine der widersprüchlichsten US-Militäroperationen
Die Erstürmung des Depots entpuppte sich inzwischen als eine der
widersprüchlichsten Militäroperationen seit dem Sturz des
Taliban-Regimes und dem Beginn der Suche nach versteckten
Widerstandsnestern der früheren Machthaber und ihrer Verbündeten von
Osama bin Ladens Terrornetzwerk El Kaida. US-Spezialeinheiten hatten
die Anlage in der Nähe der südafghanischen Stadt Kandahar
angegriffen, weil das Depot nach Geheimdienstmeldungen von Taliban
und El-Kaida-Kämpfern benutzt wurde, wie das Pentagon mitteilte.
Dagegen erklärten ortsansässige Afghanen, dass das Depot zum
Zeitpunkt des Angriffs bereits von Kräften der neuen Regierung
übernommen worden sei.
Bei dem Angriff kamen nach Angaben des Verteidigungsministeriums
in Washington 16 Menschen ums Leben und 27 wurden gefangen genommen.
Ein US-Soldat wurde verwundet. Yussuf Paschtun, der Sprecher des
Gouverneurs von Kandahar, Gul Agha, erklärte, man habe die Amerikaner
um Aufklärung über den Status der Gefangenen und den Grund ihrer
Gefangennahme gebeten. Gul Agha sagte am Dienstag, das US-Militär
habe versprochen, in einigen Tagen mehrere Gefangene freizulassen.
Der Sprecher des Heeres auf dem US-Stützpunkt bei Kandahar, Hauptmann
Tony Rivers, wollte sich Mittwoch nicht zu der Angelegenheit äußern.
Karsai hat indessen erklärt, die Sache von einer Delegation
untersuchen lassen zu wollen.
Über seine Zukunftspläne für Afghanistan sagte Karsai am Dienstag
in Washington, er wolle loyale Stammeskrieger in die neue Armee
integrieren und die Streitkräfte außer mit militärischen auch mit
Infrastrukturaufgaben wie den Bau von Straßen betrauen. Voraussetzung
für jede Erholung sei aber, dass die zugesagten Finanzhilfen bald
einträfen.
IWF für vorübergehende Einführung des Dollar als afghanische Währung
Der Internationale Währungsfonds (IWF) hatte am Dienstag erklärt,
die afghanische Wirtschaft sei nach 22 Kriegsjahren so zerrüttet,
dass möglicherweise nur die vorübergehende Einführung des Dollars als
Landeswährung Besserung bringen werde. Danach könne ein neuer Afghani
eingeführt werden, was aber zwei bis drei Jahre dauern könne. Die
Nachricht ließ die Landeswährung Afghani auf einen neuen Tiefstand
stürzen. Am Mittwoch musste man bei Geldwechslern in Kabul für einen
Dollar 50.000 Afghani bezahlen. Am Vortag waren es noch 30.000
gewesen. (APA/AP)