Der aktuelle Frauenbericht der WU Wien (Berichtszeitraum 1.Juli 2000 bis 30.Juni 2001) zeigt: Die Sensibilität bei der Besetzung von Stellen für Fragen der Gleichbehandlung ist gestiegen - die geforderte Mindestquote von 40 Prozent Frauenanteil im wissenschaftlichen Bereich ist aber noch lange nicht erreicht. Der Bericht wird vom Referat für Gleichbehandlungsfragen und Personalentwicklung erstellt, das 1999 an der WU eingerichtet wurde. Er beschäftigt sich vor allem mit der Beschäftigungssituation von Frauen an der WU - sowohl im wissenschaftlichen als auch im Dienstleistungsbereich. Gender Studies als Schwerpunkt Zu den verbuchten Erfolgen zählt, dass man der Einrichtung eines "Instituts für Frauen- und Geschlechterforschung" an der WU einen großen Schritt näher gerückt ist. Für die nächsten drei Jahre wird außerdem eine Gast- bzw. Professur auf Zeit "Gender and Diversity in Organizations" im Fachbereich Betriebswirtschaft angesiedelt, deren Bestellung gerade in Vorbereitung ist. "Wir sind dabei, die Gender-Forschung in die neuen Diplomstudienpläne zu integrieren und damit einen neuen Schwerpunkt an der WU aufzubauen", sagt Brigitte Parnigoni, Leiterin des Gleichbehandlungsreferats. Ein Antrag auf Einrichtung eines Kompetenzfeldes "Frauen und Wirtschaft“ in allen Studienrichtungen liege bei den betreffenden Stellen bereits auf. Für die nächsten drei Jahre werde außerdem eine Gastprofessur „Gender and Diversity in Organizations“ im Fachbereich Betriebswirtschaft angesiedelt, deren Bestellung gerade in Vorbereitung ist. Für WissenschafterInnen wurde im letzten Jahr ein elternfreundliches „Baby-Notebook“ eingeführt, das ihnen während des Karenzurlaubes zur Verfügung gestellt wird, damit sie ihre wissenschafliche Arbeit daheim fortsetzen können. Frauenförderungsplan Derzeit beschäftigen sich die Frauen der WU verstärkt mit der Überarbeitung des Frauenförderungsplans. Frauenförderungsmaßnahmen werden besonders in Hinblick auf das neue Dienstrecht und die Autonomie der Universitäten angepasst. "Wir können und müssen unsere Forderungen nach den jetzigen Gegebenheiten ausrichten - seit Bestehen des Frauenförderungsplans 1998 hat sich schon viel getan“, sagt Parnigoni. Vor allem zahlenmäßig und bei der Besetzung der Stellen sei das zu spüren: In allen Fachbereichen werden 50 Prozent und mehr der AssistentInnen-Stellen mit Frauen besetzt. Allerdings: "Bei den Universitäts-AssistentInnen ist die Quote noch nicht so hoch wie bei den Vertrags-AssistentInnen." Im Berichtszeitraum stieg auch erstmals seit Jahren der Professorinnenanteil der WU auf derzeit 4,17 Prozent – und ab März 2002 wird bereits die erste Professorin der Betriebswirtschaft an der Wirtschaftsuni lehren. Mehr Frauen - weniger Dozentinnen Die Frauenrate bei den Beschäftigten an der Wirtschaftsuni ist auch sehr stark von den einzelnen Disziplinen und Instituten abhängig. "Erfreulich ist, dass die Zahl der Institute, die keine Frauen im wissenschaftlichen Bereich beschäftigen, zurück gegangen ist“", sagt Parnigoni. Nur ein Institut anstatt vier im Vorjahr sowie weitere zehn Abteilungen haben derzeit eine Frauenquote von Null. Besonders stark sind Frauen nach wie vor in der Lehre vertreten. Dafür ist der Dozentinnenanteil von 21,1 auf 17,2 Prozent zurück gegangen. Der Frauenanteil in den traditionellen "Frauenberufen" im Dienstleistungs- und Sekretariatsbereich mit teilweise geringen Aufstiegschancen ist auch an der WU extrem hoch. Dass der Frauenanteil vor allem im wissenschaftlichen Bereich generell nur langsam wächst, dürfe man aber nicht als prinzipiell frauenfeindlich sehen, sagt Parnigoni: "Wenn die Stelle an einen Mann vergeben wird, liegt das nicht automatisch daran, dass man Frauen in dieser Position nicht haben will - da muss man oft genauer hinsehen." Es komme immer wieder vor, dass der Erstruf für eine Professur an eine Frau geht, die dann aber absagt, weil sie sich zum Beispiel für eine andere Stelle entschieden hat. "Man darf hier also nicht verallgemeinern, sondern muss sich die realen Möglichkeiten im einzelnen Fall ansehen", so die Gleichbehandlungs-Referentin weiter. Positive Veränderungen Prinzipiell habe sich das Bewusstsein für Gleichbehandlungsfragen am Haus zum Positiven verändert: „Gerade im wissenschaftlichen Bereich ist den DienststellenleiterInnen bewusst, dass sie sich nicht mehr so leicht mit der alleinigen Besetzung von Männern durchsetzen können." Hier hat der an der Uni angesiedelte Arbeitskreis für Gleichberechtigungsfragen außerdem Einspruchsrecht. Es werde trotzdem noch eine Weile dauern, bis das gleichberechtigte Denken ganz in den Köpfen verankert sei, sagt Parnigoni, jedoch: „Es kommt mir in meiner Arbeit nicht mehr überall eine Mauer entgegen und man kann mittlerweise im Haus über alles erst einmal reden.“ Isabella Lechner