Schafezählen hält wach. Das fanden Schlafforscher unlängst heraus. Insofern müssten sich jene Behörden, die das österreichische Transportgewerbe kontrollieren, in einem Zustand permanenter nervöser Insomnia befinden. Denn so viele - schwarze - Schafe wie unter den Frächtern werden in kaum einer Herde von Gewerbetreibenden vermutet.

An die 80 Prozent der Transporteure hielten sich nicht an die Gesetze, behauptet die Gewerkschaft. Das mag übertrieben hoch gegriffen sein. Andererseits: "Um zu überleben, muss man kriminell sein" - wenn sich der Vorsteher des Wirtschaftskammer-Fachverbandes für Güterbeförderung in einem Interview so zitieren lässt, dann könnte an der Vermutung der Gewerkschaft doch etwas Wahres dran sein.

Ob nun Weiß, Dunkelgrau oder Schwarz - wie immer die Grundfarbe der österreichischen Frächterherde sein mag, Tatsache ist, dass die österreichische Rechtslage dunklere Tiere auf der Weide Markt fetter werden lässt als weiße. Mit bloß einem illegal beschäftigten Fahrer lassen sich pro Jahr im Schnitt fast 17.000 Euro an Sozialabgaben "einsparen". Eine Firma aus der Kralowetz-Gruppe soll laut Polizei allein in Luxemburg 800 Lkw-Lenker nicht den Gesetzen entsprechend beschäftigt haben. Kostenvorteil: 13,6 Millionen Euro pro Jahr.

Demgegenüber stehen in Österreich Verwaltungsstrafen, die für die meisten Fälle ein paar Hundert Euro ausmachen. Das kritisiert die Gewerkschaft zu Recht als "Bagatellstrafen". Bleiben die Strafrahmen so niedrig, wird auch die von der EU geplante Fahrercard kaum effektiv sein. Ohne entsprechend empfindliche Sanktionen werden sich Frächter nicht von illegalen Praktiken abbringen lassen - und die Behörden werden weiterhin wachen Auges schwarze Schafe zählen. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 30.1.2002)