Urusai - "streitsüchtig", war eines der unrühmlicheren Adjektive, die selbst Frauen für die populäre Außenministerin Makiko Tanaka immer häufiger gebrauchten. Der Stolperstein für die scharfzüngige Tanaka (57) wurde eine lächerliche Auseinandersetzung mit Muneo Suzuki, einem erzkonservativen Veteranen der regierenden Liberal-Demokratischen Partei (LDP). Der Bagatellfall endete damit, dass die beiden Streithähne sich im Parlament öffentlich als Lügner bezeichneten.

Nach dieser Episode in einer endlosen Reihe von Auseinandersetzungen der Außenministerin mit Spitzenbeamten und konservativen Politikern, riss der Geduldfaden von Ministerpräsident Junichiro Koizumi, und er feuerte seine enge Parteigefährtin. Die laufenden Geschäfte im Außenministerium übernimmt vorerst Koizumi selbst. Er hofft, noch bis Ende der Woche die ehemalige UN-Hochkommissarin für Flüchtlinge, Sadako Ogata, für das Amt zu gewinnen.

Der Frühlingsputz im Tokioter Außenministerium war wohl notwendig: Seit Makiko Tanaka das Amt im April übernommen hatte, war die japanische Außenpolitik gelähmt. Makiko-san, wie Tanaka von ihren Fans auch genannt wird, schaffte sich zu viele Feinde im eigenen Amt und in der stärksten LDP-Gruppe, die vom ehemaligen Ministerpräsidenten Ryutaro Hashimoto angeführt wird. Für Koizumi entwickelte sich die wegen ihrer treffenden Sprüche populären Politikerin zu einem Risiko, und sie war in entscheidenden Momenten für die Außenpolitik nur beschränkt verfügbar. Die Kündigung kam auch im Hinblick auf anstehende wichtige außenpolitische Ereignisse. Am Samstag trifft der russische Außenminister Igor Ivanov in Tokio ein, und Koizumi möchte in der Frage über die besetzten Nordinseln (Kurilen) endlich einen Durchbruch schaffen. Zwei Wochen später wird US-Präsident George W. Bush seine Asienreise in Tokio beginnen. Dabei geht es um militärische Zusammenarbeit und wirtschaftspolitische Fragen. Koizumi, der eine aktivere Asienpolitik betreiben will und schon deshalb ein handlungsfähiges Außenministerium braucht, kann sich dann schwerlich einen "undiplomatischen Streithahn" leisten.

(DER STANDARD, Printausgabe, 31.1.2002)