IT-Business
CIA verteilt im Silicon Valley Venture-Kapital
US-Geheimdienst will frische Software für Carnivore - Bessere Auswertung gesammelter Daten erhofft
Der kalifornische High-Tech-Unternehmer Neil
Senturia erhielt im vergangenen Jahr den Anruf eines
CIA
-Mitarbeiters. Wie sind die denn an Deine Nummer gekommen, wollte
ein Freund wissen. "Hey, das ist die CIA, die finden alles, was sie
wollen", gab Senturia lachend zur Antwort. Im Silicon Valley bedient
sich der Geheimdienst dazu aber keiner verdeckt arbeitender Agenten,
sondern einer Venture-Capital-Firma.
Referenz an Bonds "Q"
"
In-Q-Tel
" heißt die nominell private, aber von der Regierung
finanzierte Firma, die mit diesem Namen dem legendären
James-Bond-Tüftler Q ihre Referenz erweist. Wie dieser soll auch
In-Q-Tel den Geheimdienst mit den neuesten High-Tech-Hilfen
versorgen. Seit der öffentlichen Kritik nach den Terroranschlägen vom
11. September ist die CIA mehr denn je darum bemüht, die technischen
Werkzeuge für ihre Überwachungsaufgaben zu verbessern. Dazu soll
In-Q-Tel frühzeitig in Unternehmen investieren, deren Entwicklungen
besonders viel versprechend scheinen.
Wenn es gut genug für den CIA ist, dann...
Die 40 Mitarbeiter der vor drei Jahren gegründeten
Geheimdienstfirma haben ihre Büros in Menlo Park, mitten im Silicon
Valley südlich von San Francisco, und in Arlington in Virginia. Für
eine kleine Software-Firma kann ein Investment von In-Q-Tel den
Durchbruch zum Erfolg bedeuten. "Wenn es gut genug für eine
Organisation wie die CIA ist, dann muss es doch auch für die meisten
Großunternehmen gut genug sein", sagt Nimish Mehta von Stratify Inc.
und bringt damit das Interesse an den CIA-Kontakten auf den Punkt.
Seine Firma erhielt im vergangenen Jahr mehrere Millionen Dollar von
In-Q-Tel.
Stratify ist eine von etwa einer Handvoll Unternehmen, die sich
mit der Analyse "unstrukturierter Daten" beschäftigen: Das sind ohne
irgendeine Ordnung abgelegte Textdateien, E-Mails oder Datenbanken.
Die Idee ist, all diese Daten miteinander zu verbinden, so dass sie
einen Sinn ergeben, der sich aus einer einzigen Datei nicht
erschließt.
CIA will gesammelte Daten besser auswerten können
Das könnte nützlich für die CIA sein, die Unmengen von Daten
sammelt, aber nicht die Mittel hat, sie in möglichst kurzer Zeit
auszuwerten. Daher hat In-Q-Tel im November vergangenen Jahres auch
eine Million Dollar in die Firma Tacit Knowledge Systems in Palo Alto
investiert. Deren Entwickler arbeiten an einer Software namens
KnowledgeMail, die aus E-Mails und anderen Dokumenten eine Datenbank
erstellt, die Aufschluss über besondere Fähigkeiten von Mitarbeitern
gibt.
Abhören nun vereinfacht
Senturias Firma Mohomine Inc. mit Sitz in San Diego hat mindestens
eine Million Dollar als Kapitalbeihilfe von In-Q-Tel erhalten - zur
Förderung eines Projekts, das Informationen in verschiedenen Arten
von Dokumenten in sinnvolle Kategorien einteilt. Dies ist auch mit
Dokumenten in verschiedenen Sprachen möglich. Mohomine, Stratify and
Intelliseek Inc. in Cincinnati helfen der CIA, ihren "Foreign
Broadcast Information Service" zu verbessern, der ausländische
Rundfunksendungen, Nachrichtenartikel und Internet-Veröffentlichungen
auswertet.
Jährlich rund 30 Millionen Dollar
"Unsere Aufgabe ist es, auf Technologien zu achten, die ohnehin im
Markt eingeführt werden", sagt der Vorstandschef von In-Q-Tel, Gilman
Louie. "Wir wollen da vorzeitig einen Zugriff darauf haben." Dafür
erhält In-Q-Tel jährlich etwa 30 Millionen Dollar. Falls bei einer
Kapitalbeteiligung Gewinne anfallen, fließen diese in das Budget der
Venture-Capital-Firma zurück. Der 41-jährige Louie hatte vorher
nichts mit der CIA oder anderen Regierungsbehörden zu tun gehabt,
sondern war Entwickler von Computerspielen.
E-Mail und Internet
Seine CIA-Firma hat bisher Technologien von etwa zwei Dutzend
Unternehmen erworben und sich an mindestens 13 Firmen beteiligt.
Zuletzt wurden Lizenzvereinbarungen mit Zaplet Inc und mit Northern
Light geschlossen. Im einen Fall geht es um eine Software für die
Zusammenarbeit mit Hilfe von E-Mail, im anderen Fall um ein
Internet-Suchsystem in mehreren Sprachen. Seit kurzem wird ein System
von SafeWeb in Emeryville getestet, mit dem CIA-Mitarbeiter
ausländische Web-Seiten aufsuchen können, ohne dabei Hinweise auf
ihren Herkunftsserver cia.gov zu hinterlassen.
"Jeder ist begeistert"
"Jeder von uns ist sehr begeistert über das, was In-Q-Tel uns
gebracht hat", sagt Thomas Benjamin, der eine Gruppe von 13
CIA-Mitarbeitern leitet, die In-Q-Tel über die jeweils aktuellen
Bedürfnisse des Geheimdienstes unterrichten. "Damit haben wir unsere
Einsichten entscheidend verbessert."
(Von Brian Bergstein/APA)