Wien - "Akademisch" findet er den neuen Wahlspruch der SPÖ. Bruno Aigner, langgedienter Querdenker und Sekretär von Nationalratspräsident Heinz Fischer ist kein Fan der "Solidarischen Hochleistungsgesellschaft". Alfred Gusenbauer hat den Begriff aber auch letzten Freitag auf dem SPÖ-Konvent im Munde geführt. Das erinnere ihn an die "Hochleistungs-AG" der Bahn, ätzt Aigner. Dennoch hält auch er nichts von "Gleichmacherei". Jeder Mensch habe andere Talente. Wichtig sei nur, dass jeder dieselben Startchancen bekomme."Wertschöpfungsabgabe" Aigners Anliegen ist die "Wertschöpfungsabgabe" ("Maschinensteuer"), seinerzeit vom legendären SP-Sozialminister Alfred Dallinger vorgeschlagen. Sie sei aktueller denn je, denn die Technisierung verdränge zunehmend die Arbeitskraft Mensch. Und auch wenn es ein heimisches Tabu sei: die Besteuerung des 13. und 14. Gehalts wäre diskutabel. Aigner plädiert überdies für eine "Renaissance des Staates" gegenüber dem "Diktat der Finanzmärkte". "Antizyklisch investieren" - das wird von allen in der SPÖ propagiert. Man müsse sich von der "Zwangsjacke" der Europäischen Zentralbank befreien, ist Ex-Finanzminister Rudolf Edlinger überzeugt. "Das wäre eine sozialdemokratische Perspektive." "Wenn´s notwendig ist, ..." Er werde mehr und mehr ein Fan des US-Notenbankchefs Alan Greenspan: "Wenn’s notwendig ist, muss man investieren." Allerdings hätte man in "guten Zeiten" vielleicht etwas mehr auf die Bremse steigen können, räumt Edlinger ein. Denn dass beim Sozialstaat Österreich nicht alles beim alten bleiben kann, sieht er ein: Längerfristig gehe es nicht an, dass Österreich die jüngsten Pensionisten und die ältesten Studenten habe. Aber: "Sparen ist eine Tugend, Kaputtsparen eine Untugend." Edlinger wie auch die SP-Nationalratsabgeordnete Maria Kubitschek sind mit dem Begriff "solidarische Hochleistungsgesellschaft" einverstanden. Kubitschek ist Koordinatorin des Wirtschaftsbereichs im "Netzwerk Innovation" der SPÖ. Und sie versucht Gusenbauers Lieblingsbegriff zu interpretieren: Er meine damit, dass der Staat einerseits auf eine funktionierende Marktwirtschaft und andererseits auch auf eine soziale Absicherung achten müsse. Dies sei der große Unterschied zur Wirtschaftspolitik der Regierung: "Der Markt regelt nur im Lehrbuch alles alleine." "Anwalt des Wettbewerbs" Dass die SPÖ als "Anwalt des Wettbewerbs" (O-Ton Gusenbauer) von sozialdemokratischen Positionen abrückt, glaubt die Nationalratsabgeordnete nicht: "Wenn Sie überspitzt sagen, die SP-Linie sei immer gewesen, dass Marktwirtschaft etwas Schlechtes ist, dann ist das natürlich ein Abgehen." Damit habe sie aber kein Problem. Prinzipiell zufrieden - bis auf einige kritische Anmerkungen - ist auch Andreas Kollross, Vorsitzender der Sozialistischen Jugend: "Es gibt sicher eine Entwicklung in Richtung ,Mehr-SPÖ’, wenn man auch über das Tempo anderer Meinung sein kann." Gestört hat ihn am SP-Wirtschaftskonvent vorige Woche, dass keine Diskussion über Arbeitszeitverkürzungsmodelle stattgefunden hat. Und: "Schade auch, dass nicht über sinnlose Staatsausgaben wie den Abfangjäger-Ankauf geredet wurde." (DER STANDARD Print-Ausgabe, 29.1.2002)