Wolfgang Frenz genießt sichtlich die öffentliche Aufmerksamkeit, die ihm jetzt zuteil wird. Nach der Enttarnung als Informant des Verfassungsschutzes stellte sich der 66-Jährige bereitwillig einem Fernsehteam für ein Interview zur Verfügung. Dass sich der Inlandsgeheimdienst 36 Jahre lang bei ihm um Informationen über die rechte Szene bemüht hatte, verwundert ihn nicht. Schließlich kenne er "die intimsten Geheimnisse in der NPD", meinte der sehr korpulente Mann selbstbewusst. Gleichzeitig will er keinen Geheimnisverrat begangen, sondern nur "öffentlich zugängliche Informationen" geliefert haben - für 600 bis 800 Mark (306 bis 409 EURO) monatlich. Die hochrangige Quelle will das staatliche Honorar brav versteuert und dann der NPD-Kasse gespendet haben. In der rechten Szene ist Frenz seit Jahren eine bekannte Größe. Er war ein Mitbegründer der NPD 1964 und ein langjähriges Mitglied im Lan- desvorstand in Nordrhein-Westfalen. Auch auf Bundesebene war er aktiv. Nachbarn beschreiben ihn als typischen Ewiggestrigen, der alleine und weitgehend unauffällig lebt. In einem Hinterhof in der Solinger Innenstadt betreibt der meist in zünftiger Tracht auftretende Mann die "Heilpraxis Frenz", Sprechstunden gibt es nur nach telefonischer Vereinbarung. Frenz betätigte sich auch als Buchautor. Vor allem sein Pamphlet "Über den Verlust der Väterlichkeit oder Das Jahrhundert der Juden" wird in einschlägigen Kreisen vertrieben. Auch jene, die für die Bundesregierung den Verbotsantrag formuliert haben, haben aus diesem Werk zitiert, da darin genügend Argumente für eine Verfassungsfeindlichkeit der NPD zu finden sind. So heißt es unter anderem: "Man braucht eine regenerierte weiße Rasse und neue Führer, um Europa im alten Glanz wieder herstellen zu können." Pluralismus sei nichts anderes als "Gossendemokratie". Wegen dessen zunehmend antisemitischer Einstellung, so die Verfassungsschützer aus Nordrhein-Westfalen, sei vor fünf Jahren die Zusammenarbeit mit Frenz beendet worden. Wer es versäumt habe, darauf hinzuweisen, dass die Aussagen eines bezahlten Informanten im Verbotsantrag aufscheinen, darüber wird nun zwischen Berlin und Düsseldorf gestritten. Dass Frenz sich selbst als Spitzel outete, sorgte in der rechtsextremen Szene für Aufsehen. Vermutet habe man schon länger, dass Frenz "ein Verräter" sei, meinte ein NPD-Funktionär. Der bei Parteifreunden in Ungnade gefallene rechte Kämpfer finde es im Übrigen "nur gerecht", wenn Innenminister Otto Schily ausgerechnet wegen ihm zurücktreten oder gar das Verbotsverfahren eingestellt werden müsste. "Dann hätte meine Arbeit Sinn gehabt", so sein Kommentar. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22.1.2002)