Der Kärntner Landeshauptmann bestätigte am Sonntag in der ORF-"Pressestunde" einmal mehr, was wir längst wussten: dass er allein über Wohl und Wehe der Republik entscheidet. "Ich werde mir das erst anschauen", meinte er generös zum Fortbestand der schwarz-blauen Koalition. Wolfgang Schüssel und Susanne Riess-Passer mögen in stiller Demut abwarten, wie Jörg Haiders Entscheidung ausfallen mag.Damit der Republik in dieser Phase des Zuwartens und Innehaltens nicht der Gesprächsstoff ausgeht, würzte Haider seinen sonntäglichen Auftritt mit neuerlichen Attacken gegen den Verfassungsgerichtshof. Dieser sei "politisch korrumpiert". Der Mann weiß eben, was er seinem Publikum schuldig ist. Wenn aus der Debatte um die Benes-Dekrete ein wenig das Tempo herauszunehmen und es bei Temelín "eigentlich egal" ist, ob der Inhalt des Volksbegehrens "so oder so" umgesetzt wird, dann müssen noch einmal die Verfassungsrichter herhalten. Jetzt sind sie eben bestochen und verderbt. "Die Leute wissen schon, wer für Österreich arbeitet und wer sonst andere Flausen im Kopf hat", stand unlängst im STANDARD zu lesen. Der Kärntner Landeshauptmann hatte dies auf die ÖVP und ihr Engagement für den Einigungsprozess der EU gemünzt. Und Flausen treibt man bekanntlich aus. Der ÖVP und der EU die Osterweiterung, und den Verfassungsrichtern ihre lästige Angewohnheit, politisch unangenehme Urteile zu fällen. Jörg Haider ist mit Sicherheit eine der ganz wesentlichen und wichtigen politischen Komponenten in diesem Land. In seinen Händen liegt der Erfolg der FPÖ, letztendlich wird er entscheiden, wie lange diese Regierung hält. Zugegeben, auch die böse Journaille lebt sehr gut von Haider. Aber gelegentlich möchte man doch ganz gerne auf ihn verzichten. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 28.1.2002)