EU
"Österreich verschläft oft die EU-Entscheidungen"
Kritische Töne bei Innsbrucker Symposium
Innsbruck - Österreich neige beim Wahrnehmen seiner Interessen in
der EU dazu, "die erste Phase
der Entscheidungsfindung in
Brüssel zu verschlafen". Weil
dann in Wien auch noch "die
Koordinierung zwischen den
einzelnen Ministerien zu spät
einsetzt" und "eine innenpolitische Kurzsichtigkeit" dominiere, könne Österreich in der
EU nicht das erreichen, was
manchmal vielleicht herauszuholen wäre. Frankreich und insbesondere Großbritannien
zeigten, wie man es viel besser
ganz anders mache.Zu diesem Urteil kam der
frühere österreichische Spitzendiplomat Hans Brunmayr
Donnerstag bei einem von
Innnsbrucker Universität und
Forum Alpbach veranstalteten
Symposium zum Thema "Österreich und Europa aus der
Sicht von Akteuren".
Brunmayr, bei den Beitrittsverhandlungen 1994 führend
beteiligt und seit 1995 Vizegeneraldirektor im EU-Rat in
Brüssel, machte mit spitzen
Worten den Auftakt zu einer
kritischen Auseinandersetzung von rund 40 Österreichern, die in europäischen Institutionen arbeiten und nach
Innsbruck geholt wurden, um
"aus der Schule zu plaudern"
und "zu Hause" (Forum-Präsident Erhard Busek) für besseres Verständnis zu sorgen.
Als Beispiel, wie man "daheim nur die Ängste steigert",
anstatt ruhig Lösungen herbeizuführen, nannte Brunmayr die Übergangsfristen bei
der Personenfreizügigkeit
nach der EU-Erweiterung. Das
Ergebnis sei von vornherein
relativ klar gewesen. Dennoch
hätten Politiker das Thema
"unnötig dramatisiert".
Der Politikwissenschafter
Heinrich Schneider wies darauf hin, dass mit der Erweiterung geschickte Kooperation
zwischen den EU-Staaten
noch viel wichtiger werde. (DER STANDARD-Printausgabe vom 25.1.2002)