Die Meldungen über den "antiterroristischen" Kampf von Chinas Militär und Polizei in der Nordwestprovinz Xinjiang reißen nicht mehr ab. Sie behaupten, dass sich unter den "Dongtu", den dort aktiven so genannten Ostturkestan-Rebellen, militante bombenwerfende Aktivisten verbergen, von denen Hunderte einst in afghanischen Lagern Bin Ladens trainiert worden seien. Nach dem 11. September hat Peking alle seine Kräfte zum Kampf gegen die drei Gefahren des "Terrorismus, Extremismus und religiösem Fundamentalismus" in Xinjiang mobilisiert. China nutzt dabei nach Ansicht von Menschenrechtsorganisationen aus, dass es von der Weltöffentlichkeit keine ernsthafte Kritik zu befürchten hatte. Doch die Kampagne in der Provinz Xinjiang geht über die Dongtu weit hinaus. Peking verschärft seine ideologische Kontrolle über die acht Millionen Muslime. In 8000 der 24.000 Moscheen Xinjiangs seien Schulungskurse zur Religions- und Minderheitenpolitik der Partei abgehalten worden. An ihnen nahmen bereits 8000 der mehr als 27.000 registrierten Islamprediger und Gelehrten teil, berichtete jetzt die Armeezeitung. Potenzielle Unruhe droht nach Ansicht des Leiters der für Xinjiangs Großfarmen zuständigen Militärpolizei, Yang Si, von politischen und islamischen Extremisten. Im letzten Jahr hätte seine Polizei elf Separatistengruppen mit mehr als 100 Verdächtigen ausgehoben, Sprengstoff und religiöse Propaganda beschlagnahmt, sagt er. Verhaftungen werden von überall gemeldet. Yang Si warnte davor, zu glauben, dass die Gefahr vorbei sei, nachdem die Dongtu-Terroristen mit dem Ende der Taliban-Macht ihre wichtigsten Helfer verloren hätten. Durch Chinas WTO- Beitritt und durch das Internet nähmen die Infiltrationsmöglichkeiten noch zu. Im Visier hat Peking auch 51 Gruppen, die sich vom Ausland aus für ein freies Ostturkestan einsetzen. In dieser Woche verlangte Chinas Notenbankchef Dai Xianglong, dass die Unterstützung seiner Bank im globalen Finanzkampf gegen Konten und Geldwäsche von Terrorgruppen keine Einbahnstraße sein dürfe. China erwarte auch Unterstützung gegen die "Dongtu-Terroristen". (DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 24.1.2002)