Plakattext: Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und Kulturstaatssekretär Franz Morak eröffnen den öster- reichischen Pavillon im polnischen Pavillon, 7. Juni, 17 Uhr, 49. Biennale Venedig 2001 |
Wien - Wenn Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) und Kunststaatssekretär Franz Morak (V) in Salzburg, Venedig, Wien oder
Warschau Kulturevents oder -bauten "eröffnen", dann sehen sie
mitunter ganz anders aus, als man es vom Bildschirm her gewohnt ist.
In diesem Fall ist man in eine Doppelconference des Künstlerduos
Julius Deutschbauer und Gerhard Spring geraten. Seit bald zwei Jahren
sorgen die beiden mit subversivem Aktionismus zu aktuellen Themen im
Kunstbereich für Aufsehen.
"Wurmfortsatz" geplant
Deutschbauer/Spring sind derzeit gut im Geschäft. Kürzlich
eröffneten sie das "World Trade Center im Literaturhaus Salzburg", am
31. Jänner beginnt ihr Tanzprojekt "Radikale Demokratie" im
Tanzquartier Wien, und am 1. Februar eröffnen sie (mittels
Videoprojektion) eine österreichische Filmschau in der Kunsthalle
Basel. Außerdem planen sie in München eine Ausstellung mit dem Titel
"Wurmfortsatz", bei der sie ihre Methode des "transformierenden
Nachspielens" auf den Skulpturkünstler Erwin Wurm anwenden werden.
Wurm habe nämlich öffentlich gesagt, "dass jeder, der ihn nachahmt,
geklagt wird, und wir versuchen herauszufinden, was da dahinter ist",
so die Künstler.
"Nachahmung interventionistischer Kunstpraxen"
Im Repertoire befinden sich Performances, Ausstellungen,
Plakataktionen, Buchveröffentlichungen sowie Videoarbeiten. Die
Methodik hinter ihren Arbeiten entwickelt sich zum Markenzeichen und
lässt sich mit "Nachahmung interventionistischer Kunstpraxen"
beschreiben. Die beiden bildenden Künstler erzeugen die Kunst nicht
selbst, sondern es gehe ihnen darum, "im Nachspiel - nicht des
Künstlers, sondern des geforderten Publikums - zu erfahren", was
eigentlich hinter dem Kunstbetrieb stecke.
Gerhard Spring (li), Julius Deutschbauer (re) |
"Plakatkünstler stimmt immer!"
Die Qualifizierung ihrer Arbeit bleibt der journalistischen
(In-)Kompetenz oder der des Konsumenten überlassen. "Gattungsbegriffe
obliegen den Kritikern, obwohl wir bei unseren Aktionen Vorschläge
machen. Wir würden uns nicht gegen eine Fehlbezeichnung wehren. Wir
sind mit allem einverstanden." Sei es Plakatkünstler ("Plakatkünstler
stimmt immer!"), Videokünstler, Fotokünstler, Text-, Vortrags- oder
Auftrittskünstler. - Gemeinsamer Vorschlag nach kurzem Brainstorming:
"Wir sind die Mediatoren der Kunstszene" - Schneller Nachsatz: "Schön
wär's."
Es geht um Funktionen - nicht um Personen!
Bei ihren Rollenspielen (etwa als Morak mit wechselnden Gästen)
gehe es den beiden nicht um Personen, sondern um Funktionen,
versichern sie. Deutschbauer/Spring sehen dabei ihre Arbeit als
"satirisch im positiven Sinne, dass wir das Affirmierbare der
Positionen deutlich herausstellen wollen." Also Negatives in
Positives umkehren? - "Genau!" Vor einem schrecken sie allerdings
zurück: "Den positiven Haider zu erfinden, wäre Schwerarbeit".
Außerdem "würden wir noch harmloser werden. - Noch harmloser geht ja
gar nicht mehr."
(APA)