Komponieren im neuronalen Netz: "tonica" ergänzt Melodien mit vierstimmigen Tonsätzen - Wahlweise Barock oder Romantik
Redaktion
,
Eine Melodie zu komponieren, ist gar nicht
so schwer. Wenn aus der dünnen Tonfolge ein klangvoller,
mehrstimmiger Satz werden soll, reichen ein paar grundlegende
Notenkenntnisse aber nicht mehr aus. Hier hilft eine intelligente
Musiksoftware, die mit einem einzigen Mausklick vierstimmige Sätze
auf die Bildschirm-Partitur zaubert und gleich zu Gehör bringt: Die
"tonica" der nordhessischen Firma
whc Musiksoftware
ist jetzt in der
Version 6.0 neu aufgelegt worden.
Am Anfang ist die Melodie
Diese Sopranstimme kann entweder mit
einem angeschlossenen Keyboard in den Computer eingespielt oder mit
Maus und Tastatur in die Notenlinien eingetragen werden. Takt und
Tonart können beliebig variiert werden - vielleicht ist die Melodie
in a-Moll ja doch noch etwas ausdrucksvoller als im zunächst
vorgegebenen C-Dur. Wichtig sind die Fermaten - diese länger
ausgehaltenen Ruhepunkte am Ende einer musikalischen Phrase sind die
zentralen Anhaltspunkte für das jetzt folgende digitale Komponieren.
Barock oder Romantik
Dazu wird in den Optionen zunächst die Stilrichtung ausgewählt:
Zur Verfügung stehen zwei barockmusikalische Varianten in Anlehnung
an Johann Sebastian Bach - die eine etwas kühner, die andere etwas
konservativer - und ein romantischer Stil nach dem Vorbild von Max
Reger.
Befehl: "Komponieren"
Mit dem Befehl "Komponieren, Tonsatz" werden dann automatisch drei
Begleitstimmen zur Melodie eingefügt - Alt, Tenor und Bass. Das
Ergebnis ist verblüffend, aus der schlichten Melodie ist eine
harmonisch stimmige Komposition geworden.
Die Technik der neuronalen Netze
Erreicht wird dies durch die Technik der neuronalen Netze: Im
Unterschied zu fest verdrahteten Befehlsketten, die in der
vorgesehenen Weise vom Prozessor abgearbeitet werden, werden hier die
Denkweisen des Gehirns simuliert. Der Software wurden alle
verfügbaren Bach- und Reger-Choräle eingegeben. "Aus diesem
Erfahrungsschatz wird dann zu der vorgegebenen Melodie ein
vollständiger Satz erstellt", erklärt Hans-Ulrich Werner von der
whc-Geschäftsleitung. "Bei gleicher Aufgabenstellung kommt das
Programm zu verschiedenen Ergebnissen." Der Musikliebhaber kann den
Kompositionsbefehl somit mehrmals starten und sich dann für das
schönste Ergebnis entscheiden.
Schließlich werden die vier Stimmen noch mit unterschiedlichen
Instrumenten belegt - möglich macht dies die Technik des
MIDI-Formats. Die eigene Komposition kann so wahlweise als
Streichquartett oder mit einem elektronischen Bläser-Ensemble zu
Gehör gebracht werden.
"Von Mozart kann die Software nichts lernen"
Die Entwickler der "tonica" wurden schon häufiger gefragt, ob
nicht auch Kompositionen im Stil von anderen Komponisten oder nach
der Art moderner Popmusik möglich sind. Von diesen Quellen gibt es
aber nicht genügend vierstimmige Sätze, mit denen die neuronalen
Netze gefüttert werden könnten. "Von Mozart kann die Software nichts
lernen", erklärt Werner.
Die neue "tonica" verfügt zusätzlich über eine Datenbank von 120
fertigen Kadenzen aus dem Werk von Bach und Reger. Das Programm
überprüft den Verlauf der Melodie und schaut in diesem
Kadenzbaukasten nach, ob es eine passende Schlusswendung dafür
findet.
Lernen steht im Vordergrund
Neben den kreativen Möglichkeiten des Programm steht bei der
"tonica" das Lernen im Vordergrund. Der Umgang mit Tonarten, Akkorden
und harmonischen Funktionen wird hier viel schneller erlernt als in
einem trockenen Handbuch.(Von Peter Zschunke/APA)
Forum:
Ihre Meinung zählt.
Die Kommentare im Forum geben nicht notwendigerweise die Meinung der Redaktion wieder.
Die Redaktion behält sich vor, Kommentare, welche straf- oder zivilrechtliche Normen verletzen,
den guten Sitten widersprechen oder sonst dem Ansehen des Mediums zuwiderlaufen
(siehe ausführliche Forenregeln),
zu entfernen. Benutzer:innen können diesfalls keine Ansprüche stellen.
Weiters behält sich die STANDARD Verlagsgesellschaft m.b.H. vor, Schadenersatzansprüche
geltend zu machen und strafrechtlich relevante Tatbestände zur Anzeige zu bringen.