Literatur
Schimpfe aus dem Kreml
Russlands Regierung distanziert sich energisch von Putin-Jugend, die die wichtigsten heimischen Autoren kritisiert und beschimpft hat
Moskau - Die Angriffe der Kreml-treuen Jugendbewegung
"Gemeinsamer Weg" auf Russlands wichtigste zeitgenössische Autoren
ist in der russischen Regierung auf scharfe Kritik gestoßen.
Kulturminister Michail Schwydkoj sprach am Montag in Moskau von einem
"Aufruf zur Zensur, einem Angriff auf das Verfassungsrecht der
Freiheit der Kunst".Klares Absetzen von dieser Geisteshaltung gefordert
Er forderte, staatliche Stellen sollten sich klar absetzen von der
Aktion des "Gemeinsamen Weges", Bücher der Postmodernisten Viktor
Pelewin, Wladimir Sorokin und Viktor Jerofejew als "schädlich" aus
dem Verkehr zu ziehen. Der Vorsitzende der sich präsidententreu
gebenden Organisation, Wassili Jakemenko, hatte die Werke der drei
Autoren am Freitag als "Dreck" bezeichnet.
Dinge, die sich nicht wiederholen dürfen
"Wir erinnern uns, wie in der Sowjetunion angeblich "schädliche"
Bücher aus dem Verkehr gezogen wurden", sagte Schwydkoj. Dies dürfe
sich nicht wiederholen, meinte der Minister, der am Montag mit dem
deutschen Kulturstaatsminister Julian Nida-Rümelin Gespräche führte.
Das für Verlagswesen zuständige russische Presseministerium schloss
sich der Auffassung Schwydkojs an, heisst es.
Stoppt Sie, bevor sie Faschisten werden
"Im 21. Jahrhundert sollten die Kunst wie die Menschen frei sein",
sagte der angegriffene Autor Wladimir Sorokin ("Der himmelblaue
Speck"). Sein Kollege Viktor Jerofejew erklärte, die Jungfunktionäre
müssten schleunigst gestoppt werden, "sonst werden sie noch zu
richtigen Faschisten".
Anschlag auf die Freiheit der Person
"Gemeinsamer Weg" wollte von Montag an an Sammelstellen Bücher der
drei Autoren sowie von Karl Marx in Werke des Sowjetklassikers
Boris Wassiljew umtauschen. Wassiljew distanzierte sich von der
Aktion. "Das ist ein Anschlag auf die Freiheit der Person", sagte er
im Radiosender "Echo Moskwy". Die Organisation "Gemeinsamer Weg"
hatte sich 2000 zur Unterstützung von Präsident Wladimir Putin
gegründet. (APA/dpa)