Konjunkturprognosen werden im Wirtschaftsforschungsinstitut seit 1927 erstellt. Die erste stammt vom Juni dieses Jahres, wenige Monate nachdem die damals als "Österreichisches Institut für Konjunkturforschung" firmierende Forschungsstelle offiziell seine Tätigkeit aufgenommen hatte. Und schon wenig später musste es seine prognostische Kompetenz an der Weltwirtschaftskrise beweisen. "Merk- würdig erfolgreich", urteilte Nobelpreisträger Friedrich August von Hayek 50 Jahre später: merkwürdig, weil das Institut in der Anfangszeit lediglich aus ihm selbst als Leiter, einer Sekretärin und einem Techniker bestand.In den USA immerhin erwarb sich das Institut den Ruf, als Einziger die große Börsenkrise von 1929 vorausgesagt zu haben. Dies deshalb, weil Hayek 1929 in einem Bericht des Instituts der europäischen Wirtschaft keinerlei Aussicht auf Besserung zumaß, solange nicht die amerikanische Börsenkonjunktur, die die Zinssätze nach oben drücke, zusammengebrochen sei. Dass die herannahende Katastrophe im April 1930 dann noch unter dem Titel "Erholung dürfte sich verzögern" angekündigt wurde, gehört zur Ironie der Geschichte (vgl. Grafik aus dem Monatsbericht des Instituts von 1930). Verein Hayek reklamierte für sich auch die Idee für die Gründung des Instituts, die freilich ohne die Umsetzungskraft des Ökonomen Ludwig von Mises, der damals auch Erster Sekretär der Wiener Handelskammer war, nicht realisierbar gewesen wäre. Beide pochten darauf, das Institut als Verein aufzubauen, mit dem Bund, den öffentlichen Stellen und den Interessenvertretungen als Mitglieder. Dies, so Hayek später, habe auf der Erkenntnis beruht, "dass ein Institut im Rahmen einer der bestehenden Stellen oder als völlig unabhängige Behörde wahrscheinlich solchem politischen Druck ausgesetzt sein würde oder zumindest ihm nicht das nötige Vertrauen geschenkt würde, dessen ein derartiges Institut bedarf". Eine Erkenntnis, die über 75 Jahre - mit der Unterbrechung als Dependance des Berliner Instituts in der Nazizeit - bis in die heutigen Tage ihre Richtigkeit beweist. (jost, DER STANDARD, Printausgabe 19.1.2002)