Wien - Die EU-Erweiterung sei "eine historische Chance, dass wir selber wieder in eine Mitte- und Mittlerposition zurückfinden, die Österreich vor vielen Jahren, aber auch durch Jahrhunderte hindurch innegehabt hat". Für Johannes Kyrle, den neuen Generalsekretär des Außenministeriums, haben die Ausweitung der Europäischen Union und damit verbunden die regionale Partnerschaft mit den Kandidatenländern höchste Priorität.

Starkes Augenmerk werde aber auch auf die Beziehungen zu den internationalen Organisationen in Wien gelegt, sagte Kyrle am Donnerstag in seiner Antrittspressekonferenz. Der Amtssitz Wien liege ihm "in besonderer Weise am Herzen", er sei "das Ergebnis von Verlässlichkeit, von Kontinuität, von einer 50-jährigen Politik der Zweiten Republik, und wir versuchen diesen Ort in einer besonderen Weise zu festigen". Die Vienna International Community zähle einschließlich der Angehörigen von Diplomaten, Beamten und anderen Mitarbeitern internationaler Organisationen rund 15.000 Menschen.

Konkret kündigte Kyrle ein Konzept zur Stärkung des Wiener UNO-Sitzes an, vor allem der beiden Organisationen zur Drogenkontrolle und Verbrechensbekämpfung. Es gebe hier "eine inhaltliche Schiene" zur Antiterror-Resolution 1373 des UN-Sicherheitsrates, und man strebe einen Brückenschlag zwischen den beiden Wiener Organisationen und dem "Counterterrorism comittee" des Sicherheitsrates an.

Die Diplomaten sieht Kyrle heute als Dienstleister im Sinn von "Managern der Globalisierung". Diese Aufgabe stehe aber in drastischem Gegensatz zu den stark gekürzten Budgetmitteln. Im Jahr 2003 müssten weitere 45 Planstellen (bei insgesamt 1500 Mitarbeitern des Außenamtes) eingespart werden.

Das operative Budget des Außenministeriums beträgt heuer 180 Millionen Euro (2,48 Mrd. S), das sind 0,31 Prozent des gesamten Staatshaushalts. Diesen Prozentsatz stellte Kyrle jenen Budgetanteilen gegenüber, die vergleichbare Staaten für ihre Außenressorts aufwenden: Griechenland 0,56 Prozent, Dänemark 0,65, Niederlande 0,7, Finnland 0,95, Belgien ein Prozent, Schweiz fast zwei Prozent.

Die Rolle des Generalsekretärs sieht Kyrle als die eines Beamten. Die Formulierung der Außenpolitik werde "auf politischer Ebene, auf der Ebene der Bundesministerin" vorgenommen: "Der Generalsekretär ist angehalten, die Außenpolitik umzusetzen." Kyrles Vorgänger Albert Rohan setzte immer wieder politische Akzente, vor allem bei der Formulierung und Umsetzung der österreichischen Südosteuropa-Politik. (jk/DER STANDARD, Print- Ausgabe, 18. 01. 2002)