Forschung & Geschlecht
Brustkrebs noch immer Tabuthema
Kärntner Studie zeigt Lücken im Betreuungssystem auf
Klagenfurt - Frauengerechte Aufklärung und Information zum
Thema Brust und Brusterkrankungen sowie die interdisziplinäre
Zusammenarbeit im Gesundheitswesen sind die wichtigsten
Voraussetzungen für eine frauengerechte Gesundheitsarbeit. Zu diesem
Ergebnis kommt die Kärntner Brustkrebsstudie, die am Donnerstag in
Klagenfurt präsentiert wurde. Die Studie "Plötzlich ist das Leben anders" wurde im Auftrag von
Gesundheitsreferent LHStv. Peter Ambrozy (S) mit finanzieller
Unterstützung des Fonds Gesundes Österreich durchgeführt
(Gesamtkosten 60.000 Euro = 825.620 Schilling). In einjähriger
Forschungsarbeit haben die beiden Sozialwissenschafterinnen Birgit
Buchinger und Ulrike Gschwandtner von Solution Salzburg Interviews
mit an Brustkrebs erkrankten und auch gesunden Frauen durchgeführt.
Ebenso fanden Interviews und Modellarbeitskreise mit FachexpertInnen aus
den Bereichen Gesundheit und Soziales statt.
"Als wäre ich in einen Tunnel gefallen"
Gschwandtner stellte fest, dass Krebs im Allgemeinen und
Brustkrebs im Besonderen noch immer ein Tabuthema sei. Daher sei sie
erstaunt gewesen, dass sich 19 Frauen (zwölf davon an Brustkrebs
erkrankt) für Interviews zur Verfügung stellten. Dabei stellte sich
heraus, dass es nicht die "normale Geschichte einer
Brustkrebserkrankung" gibt, sondern jede Frau "ihre eigene
Erkrankung" hat. Die Reaktion auf die Diagnose Brustkrebs wurde von
den meisten Frauen mit dem Satz "Als wäre ich in einen Tunnel
gefallen" beschrieben. Für alle hat dann gegolten: Alles zu tun, um
weiter leben zu können.
In der Studie scheint auch Kritik an der ÄrztInnenschaft auf. Dies
gilt sowohl für die mangelnde Information bei Chemo- und
Strahlentherapie, die mangelnde Kommunikation zwischen Ärztin/Arzt und
Patientin, das geringe Wissen der HausärztInnen über Brustkrebs und die
fehlende psychologische Betreuung. "Angesichts der Lücken im
Betreuungssystem kommt Selbsthilfegruppen große Bedeutung zu", heißt
es in der Studie.
"Herausfinden, wo es Defizite gibt"
Buchinger referierte über die Sichtweite der befragten
FachexpertInnen aus dem Gesundheits- und Sozialbereich und stellte fest,
dass bei Brustkrebs das zentrale Augenmerk auf die Früherkennung zu
legen sei. In Kärnten ortet sie ein "Defizit an Aufklärung und
spezifischer Vorsorge" und betont die Notwendigkeit, den öffentlichen
Umgang mit der weiblichen Brust zu ändern. Schließlich gelte es
vorrangig, ein Gesamtkonzept für die Gesundheitspolitik des Landes
Kärnten zu erstellen.
"Wir wollen herausfinden, wo es Defizite gibt", sagte Ambrozy.
Daher werde er in der Regierung beantragen, für Kärnten ein eigenes
langfristiges und umfangreiches Frauengesundheitsprogramm zu
entwickeln und zu gestalten. Damit solle die Frauengesundheitszentrum
Kärnten GmbH. mit Sitz in Villach (Geschäftsführung Regina
Steinhauser) beauftragt werden. Die Kosten dafür bezifferte Ambrozy
mit 50.000 Euro (688.000 Schilling). "Wir sollten versuchen, alle
Anregungen in ein System zu bringen", sagte der Gesundheitsreferent. (APA)