Geschlechterpolitik
Kindergeld: Für SP-Kinderfreunde nur "bittere Pille"
Informationsdefizit, falsche Erwartungen und verschleppte Auszahlungen - FPÖ: Polemische Kritik
Wien - Die SP-Kinderfreunde zogen am Donnerstag Bilanz über
"ein Jahr Kindergeld in Kärnten". Neben schlechtem Informationsstand
und falschen Erwartungen der Eltern bis zu verschleppten Auszahlungen
reicht die Kritik, die in einer Befragung erhoben wurde. Die
Forderungen blieben dieselben: flexible Arbeitsplätze und mehr
Kinderbetreuungseinrichtungen. Die Nationalratsabgeordnete und
Familiensprecherin der Österreichischen Kinderfreunde, Gabriele
Binder: Das "Wahlzuckerl ist eine bittere Pille ". Die Befragung von mehr als 100 Familien, die Kindergeld beziehen,
wurde im Herbst 2001 in Kärnten durchgeführt. Es zeige sich, dass die
Höhe des Kindergeldes die Erwartungen nicht erfüllt habe. 80 Prozent
gaben an, dass sie geglaubt hätten, dass sie 6.000 Schilling
zusätzlich erhalten würden. Binder spricht von "Irreführung in der
Kampagne und der Werbung". Ein Drittel fühlte sich schlecht
informiert und erachtete die Beantragung des Kindergeldes als
kompliziert. 73 Prozent der Frauen gaben an, wieder in die
Berufstätigkeit zurückkehren zu wollen, davon meinten allerdings 45
Prozent, dass dies sehr schwierig sei.
Arbeitssituation der Frauen insgesamt verbessern
Binder fordert daher, dass die Arbeitssituation für Frauen
insgesamt verbessert werden muss. Neben familienfreundlichen
Arbeitsbedingungen und unterstützenden Maßnahmen für den
Wiedereinstieg, fehlten insgesamt ausreichende Jobangebote für
Frauen. Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die
Kinderbetreuungsangebote, vor allem im ländlichen Raum. In Kärnten
gaben 25 Prozent an, ihr Kind nicht in den Kindergarten zu schicken,
weil dieser zu weit entfernt liege. 30 Prozent fanden keinen
Betreuungsplatz für ihr Kind und für 48 Prozent sind die
Elternbeiträge zu hoch.
Verschlechterungen
Die "SP-Kinderfreunde" sehen mehrere Verschlechterungen gegenüber
dem bisherigen Karenzgeld: Verschlechterungen beim Kündigungsschutz,
Wegfall der Kinderbetreuungsmilliarde, obwohl noch immer ca. 100.000
Betreuungsplätze fehlten, und den Wegfall der Sondernotstandshilfe,
was einmal mehr die Schwächsten treffe. Die Zuverdienstgrenze
erschwere zudem die Einbeziehung der Väter in die Karenz. Derzeit
liegt die "Väterkarenz" unter zwei Prozent. In Kärnten sei der
Männeranteil seit Einführung des Kindergeldes überhaupt auf 0,9
Prozent zurückgegangen.
Laut Familienbericht 1999 wollen Eltern in erster Linie flexible
Arbeitszeiten, gefolgt von ausreichenden Kinderbetreuungsplätzen und
erst an dritter Stelle steht der Wunsch nach mehr Geldleistungen. Mit
anderen Worten: die Familienpolitik sei verfehlt, so die
Kinderfreunde.
FPÖ: Studie ist "nicht repräsentativ"
Der FPÖ-Abgeordnete Siegfried Jost hat am Donnerstag
die Kritik der SP-Kinderfreunde am Kindergeld zurückgewiesen. Für
Jost ist klar, dass das Ergebnis der Studie, die "ein Jahr Kindergeld
in Kärnten" ausgewertet hatte, bereits vorher festgestanden sei und
bezeichnete sie als "parteipolitisch motiviert". Eine Befragung von
nur 107 Betroffenen sei nicht repräsentativ und könne seriöserweise
niemals als Basis für ein so vernichtendes Urteil verwendet werden,
begründete Jost seine Kritik in einer Aussendung.
Zudem bezeichnete Jost die "polemische Kritik" der Kinderfreunde
als kurios, wenn man davon spreche, dass Familien geprellt worden
seien, obwohl sie 6.000 Schilling bekommen hätten. Jost verwies auf
die "unlogische" Kinderfreunde-Aussendung in der man kostenfreie
Kinderbetreuungseinrichtungen fordere. Gerade dies würde mit dem
Kärntner Kindergeld erreicht werden, da jede Familie das Kindergeld
zur Bezahlung des Kindergartens benützen könne. Es stehe außer Frage,
dass neben dem Kindergeld in Zukunft auch zusätzliche Anstrengungen
unternommen werden müssten, um die Vereinbarkeit von Beruf und
Familie zu erleichtern.
Die Kinderfreunde hätten keinen konstruktiven Beitrag geleistet,
sondern lediglich eine Studie präsentiert, die dem Ziel diene, eine
soziale Innovation in Kärnten unter Landeshauptmann Jörg Haider (F)
schlecht zu machen. (APA)