Mensch
COPD: Chronisch obstruktive Lungenerkrankung
Neue Plattform will über kaum bekannte, doch tödliche Krankheit informieren
Wien - Weltweit sterben pro Jahr rund drei Millionen
Menschen qualvoll an diesem Leiden: COPD. Doch bekannt ist die
Krankheit den wenigsten Menschen. - Mehr Bewusstsein für die
verhinder- und behandelbare chronisch obstruktive Lungenerkrankung
will jetzt die neu gegründete COPD-Liga Austria schaffen. Das Grundproblem laut Univ.-Doz. Dr. Hartmut Zwick, Leiter der
Abteilung für Atmungs- und Lungenkrankheiten am Krankenhaus Lainz in
Wien, am Mittwoch bei einer Pressekonferenz: "Es gibt das Sprichwort
'Wer lange hustet, lebt lang.' Es gibt keinen blöderen Spruch. Ein
(chronischer, Anm.) Husten ist für einen Raucher fast nie ein Grund,
zum Arzt zu gehen. Er hustet sowieso immer."
Nikotin-Weisheiten
Dahinter steckt aber eine sich ständig verschlechternde, chronisch
entzündliche Lungenerkrankung, die schließlich zum zunehmenden Abbau
an Lungengewebe, immer stärkerer Atemnot und am Ende zum qualvollen
Ersticken führt. Univ.-Doz. Dr. Helmuth Rauscher (Krankenhaus Lainz):
"Beim Raucher beginnt die Krankheit mit dem Husten. Er geht aber erst
zum Arzt, wenn er auf dem Weg zur Trafik keine Luft mehr kriegt."
Das Resultat: Trotz einer bereits seit Jahren bestehenden
Erkrankung kommen die Betroffenen zumeist erst spät und in einem
fortgeschrittenem Stadium zum Arzt. Zwick: "Der typische Patient ist
45 oder 50 Jahre alt. In unsere Praxen kommt er erst etwa fünf Jahre,
bevor dann die Invalidität eintritt. Der Mensch kann nämlich 30 bis
40 Prozent Verlust an Lungenfunktion kompensieren."
Jeder sechste bis achte Österreicher betroffen
Weil sich die COPD - zumeist durch Rauchen verursacht - eben
derart unauffällig entwickelt, wird ihr weltweit viel zu wenig
Beachtung geschenkt. Rauscher: "Etwa vier bis elf Prozent der
Erwachsenen Bevölkerung leiden an COPD. Das bedeutet, dass jeder
sechste bis achte Österreicher daran erkrankt." 15 Prozent aller
Raucher entwickeln das Leiden. Im Jahr 2020 wird es weltweit bereits
die dritthäufigste Todesursache sein.
Prävention
Am wichtigsten wären Vorsorge und Früherkennung. Die klassische
Prävention besteht im Vermeiden des Rauchens. Doch auch in der
Früherkennung gibt es einen enormen Mangel. Was die Fachleute
beklagen: In Österreich ist die an sich einfache
Lungenfunktionsprüfung (Spirometrie) nicht Bestandteil der
Gesundenuntersuchung. Doch allein mit dieser Untersuchung ließe sich
das Leiden im Frühstadium entdecken.
Auch in der Behandlung - Rauchstopp, Medikamente zur Erweitererung
der verengten Bronchien (Bronchodilatoren), Cortison zum Inhalieren
(antientzündliche Therapie) und zunehmend auch körperliches Training
- ist die Situation laut den Fachleuten nicht optimal. Prim. Dr. Kurt
Aigner, Vorstand der Abteilung für Lungenkrankheiten am Krankenhaus
der Elisabethinen in Linz: "Die Umsetzung der (Therapie-)Richtlinien
in der täglichen Praxis ist mangelhaft. In allen Therapieempfehlungen
werden die lang wirksamen Bronchodilatoren als Mittel der ersten Wahl
angesehen. Sie und so genannte Anticholinergika werden aber viel zu
wenig angewendet."
Cortison kein Allheilmittel
Stattdessen - so kritisierte der Experte - wird bei COPD-Patienten
offenbar zu oft zu der antientzündlichen Therapie mit inhalierbarem
Cortison gegriffen. Aigner: "Nur 15 Prozent der COPD-Patienten
profitieren von einer Cortison-Therapie." Dies gelte vor allem für
Kranke, bei denen die Symptome eine Art Mischform mit Asthma bilden.
Die COPD-Liga Austria will in Zukunft Ärzte und (potenzielle)
Patienten informieren bzw. ausbilden. Ganz besonders will sie sich
auch der breiteren Etablierung der Lungenfunktionsprüfung bei
niedergelassenen (praktischen) Ärzten widmen. Dazu soll es
Ausbildungskurse und sogar Leihgeräte geben.(APA)