Forschung & Geschlecht
Weniger Interesse an Mutter- Kind- Pass
Linzer Studie: Gesundheitsbewusstsein hängt von sozialer Lage ab
Linz - Frauen aus "einfacheren Bildungsschichten" legen in der
Schwangerschaft ein deutlich geringeres Gesundheitsbewusstsein an den
Tag als andere werdende Mütter. Auch die Untersuchungen des
Mutter-Kind-Passes werden von Frauen, die nur einen
Pflichtschulabschluss haben, weniger absolviert. Das sind die Ergebnisse einer soziologischen Studie, die von der Linzer Kepleruniversität in Auftrag gegeben wurde. Am Mittwoch präsentierte die oberösterreichische Gebietskrankenkasse die Ergebnisse.Soziale Lage und Gesundheit
Die Soziologin Claudia Pass wertete Fragebögen von rund 1.500
Karenzgeld-Bezieherinnen in Oberösterreich aus. Es ging in der
Fragestellung um die "Wechselwirkung zwischen sozialer Lage und
Gesundheit". Pass: "Ausgangspunkt und Hauptmotiv war der spürbare
Rückgang der Beteiligung an den Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen,
nachdem 1997 die an sie gekoppelte Geburtenbeihilfe gestrichen worden
war". Es wurde zwischen Frauen nur mit Hauptschulabschluss, weiters
solchen mit einer zusätzlichen Fachschulbildung und als dritter
Gruppe jenen mit Matura unterschieden.
Von den Frauen mit niedriger Schulbildung gaben 64 Prozent an,
während der Schwangerschaft nicht zu rauchen, bei den Frauen mit
Matura verzichteten hingegen 91 Prozent auf den Glimmstengel.
Ähnliche Unterschiede im Gesundheitsbewusstsein zeigten sich auch bei
der Ernährung: In der unteren Bildungsschicht sagten 35 Prozent,
sich "ausgewogenen" zu ernähren, bei den Maturantinnen waren es 49
Prozent.
Die zweite im Mutter-Kind-Pass vorgesehene Ultraschalluntersuchung
ließen bei den Frauen mit Hauptschulabschluss 72 Prozent durchführen,
bei den werdenden Müttern mit Matura 96 Prozent.
Der Trend setze sich, so die Soziologin, auch nach der Geburt des
Kindes fort. Die für das dritte Lebensmonat des Babys geplanten
Untersuchungen ließen 79 Prozent der jungen Mütter mit niedriger
Schulbildung machen, hingegen 93 Prozent bei den Frauen mit hohem
Bildungsgrad.
Monitäre Anreize
Claudia Pass kommt zu dem Ergebnis, dass der Mutter-Kind-Pass zwar
insgesamt einen hohen Stellenwert besitze - 85 Prozent der befragten
Schwangeren bezeichneten ihn grundsätzlich als "sehr wichtig" - dass
aber die konkrete Inanspruchnahme der Untersuchungen von der
"sozialen Lage" der Frauen abhänge und dabei "stark an monitäre
Anreize gekoppelt" sei. Dazu Klaus Zapotoczky, Professor für
Soziologie an der Kepleruniversität: "Als der finanzielle Anreiz im
Zusammenhang mit dem Mutter-Kind-Pass seinerzeit abgeschafft wurde,
hat man nicht bedacht, dass viele Frauen daraus den Schluss ziehen
würden, wenn der Staat das Geld streicht, dann kann die Sache auch
nicht so wichtig sein, jetzt haben wir das Ergebnis davon".
In Oberösterreich wird übrigens seit heuer eine "Gegenmaßnahme"
gesetzt: Landesrätin Silvia Stöger (S) führte einen Zuschuss von
insgesamt 370 Euro für jene Frauen ein, die alle im Mutter-Kind-Pass
vorgesehenen Untersuchungen und Impfungen durchführen lassen. (APA)