Wien - Über die Balkan-Region laufen die zentralen Transitstrecken, auf denen Menschenhändler ihre Opfer in den Westen transportieren. Vor allem Frauen und Kinder aus Albanien, Moldawien und Rumänien sind die Opfer. Das sind die zentralen Punkte eines Berichtes über Struktur und Bekämpfung des Menschenhandels auf dem Balkan, den die Internationale Organisation für Migration (IOM) erstellt und am Dienstag in Wien vorgestellt hat. Unterstützt wurde die Untersuchung von der Arbeitsgruppe Menschenhandel des Balkan-Stabilitätspaktes. Die Vorsitzende der Arbeitsgruppe, die ehemalige Frauenministerin Helga Konrad (S) sagte, dass sich die Zusammenarbeit mit den Regierungen in der Region bei der Bekämpfung des Menschenhandels verbessert habe. Die Daten, auf deren Basis der Bericht erstellt wurde, stammen von Regierungen, Hilfsorganisationen und Internationalen Institutionen und wurden in einer Umfrage in 28 Staaten ermittelt. Demnach gab es im Jahr 2000 5.887 Fälle von Menschenhandel in Europa. 1.297 Opfer stammten vom Balkan. Die Vertreterin der IOM, Irena Vojackova-Solorano, stellte dazu fest, dass diese Zahl nur jene Fälle beinhalte, die auch bekannt geworden seien. Die Dunkelziffer dürfte also weit darüber liegen. Und auch 2001 sei ein Anwachsen der Opferzahlen festzustellen. Dies könne aber auch daran liegen, dass die Dokumentation der Fälle verbessert worden sei, fügte Vojackova-Solorano hinzu. Wurzeln in der Struktur Die Wurzeln des Menschenhandels liegen nach Ansicht von Konrad in den Gesellschaften und Strukturen der Länder, aus denen die Opfer stammen. Armut, Unterdrückung und Gewalt gegen Frauen seien die Hauptursachen, warum Menschen ihre Heimat verlassen wollen und schließlich in den Händen von kriminellen landen. In Albanien und Moldawien finden die kriminellen Organisationen den Großteil ihrer Opfer. Es sind dies auch die ärmsten Länder Europas. Daneben zeige sich, dass besonders in Albanien immer mehr Menschen entführt würden, sagte Vojackova-Solorano. Korruption und instabile politische Verhältnisse erschweren zudem die Verfolgung der Täter, die über große finanzielle Ressourcen verfügen. Nach dem Drogen- und dem Waffenhandel ist der Menschenhandel in den vergangenen Jahren zur dritt-lukrativsten Form der organisierten Kriminalität geworden. Zwischen sieben und zwölf Mrd. Dollar werden damit pro Jahr weltweit verdient. Die Arbeitsgruppe des Stabilitätspaktes habe Druck auf die Regierungen in der Balkan-Region ausgeübt, damit diese "das Problem erkennen", sagte Konrad. Die Situation habe sich mittlerweile verbessert. So seien in allen betroffenen Ländern Regierungsstellen geschaffen worden, die sich mit dem Problem beschäftigen. Sowohl Konrad als auch Vojackova-Solorano betonten, dass der Menschenhandel und das Schlepperwesen in der öffentlichen Diskussion unterschieden werden müssen, obwohl es Berührungspunkte gäbe. Der Menschenhandel sei ein Missbrauch von Menschenrechten, deren Opfer als "moderne Sklaven" zur Prostitution oder zu unbezahlter Arbeit gezwungen würden, während Schlepper Flüchtlinge gegen Bezahlung über die Grenzen transportieren. (APA)