Wien - Nach Ansicht der Verfassungsjuristen Günther Winkler und Heinz Mayer ist die Erklärung eines VfGH-Urteils als "nichtig" grundsätzlich möglich. Da gegen Urteile von Höchstgerichten keine Berufung möglich sei, sei die Nichtigkeit prinzipiell die einzige Möglichkeit eines "Verurteilten", sich gegen ein solches zu wehren, meinten beide unisono gegenüber der APA. Festgestellt werden müsse die Nichtigkeit vom Adressaten des Urteils - in der Causa Ortstafeln ist dies der Bundesgesetzgeber. Laut Winkler muss bei einer derartigen Nichtigkeitsfeststellung an der Urteilsbegründung angesetzt werden. Bei dieser sei zu überprüfen, ob ein schwerwiegender Rechtsirrtum vorliege. Als Beispiel für einen solchen Rechtsirrtum nannte Mayer etwa "wenn die Putzfrau das Urteil unterschreibt", oder wenn der VfGH überhaupt keine Entscheidung in der Sache getroffen hätte. Komme der Gesetzgeber zum Schluss, dass derartige Gründe vorliegen, könne er das Urteil ignorieren. Laut Mayer ist dafür nicht unbedingt ein Beschluss des Nationalrates nötig. So könne auch der Nationalratspräsident die Nichtigkeit des Urteils erklären. Gesetzlich geregelt ist diese Vorgehensweise freilich nirgends, auch habe es noch nie eine derartige "Nichtigkeitserklärung" gegeben, so Mayer. Seiner Ansicht nach wäre dies ein "erster Schritt zum Putsch": "Letztlich ist das die Auflösung des Rechtsstaates, wenn ich Höchstgerichturteile ignoriere mit der Begründung sie sind absolut nichtig." Schwerwiegende Fehler, die eine Nichtigkeitserklärung zulässig erscheinen ließen, liegen laut Mayer beim Ortstafel-Urteil jedenfalls nicht vor. Das Urteil sei rechtlich in Ordnung und mit guten Gründen vertretbar: "Ich habe die Entscheidung mehrmals gelesen, und das ist weit weit weit davon entfernt, überhaupt an einen Fehler zu denken, der solche Folgen hätte." Zudem sei eine Nichtigkeitserklärung problematisch, weil "verschiedene Leute verschieden beurteilen könnten" und die Situation damit "ins absolute Chaos mündet". (APA)