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Foto: Reuters/Bader
Wien - Mit einem Skalpell bewaffnet hat der frühere ÖBB-Generaldirektor Helmut Draxler beim börsenotierten Feuerfest- und Baustoffkonzern RHI am Montag eine neue Karriere als Trouble-shooter angetreten. Als erste wesentliche Maßnahme für den ins Schlingern geratenen österreichischen Weltmarktführer bei feuerfesten Auskleidungen für die Stahl-, Zement- und Glasindustrie wurden die großteils erst vor zwei Jahren erworbenen US-Töchter von der RHI-Bilanz abgetrennt. "Das ist keine Blinddarmoperation, sondern ein tiefer chirurgischer Eingriff", illustrierte Draxler bei seiner Antrittspressekonferenz am Dienstag sein medizinisches Know-How. Altlasten Damit machte Draxler, was neu eingetretene Top-Manager bei angeschlagenen Unternehmen üblicherweise tun. Alle Altlasten in die "alte" Bilanz hineinzupacken, um wie Phönix aus der Asche in neue Höhen aufzusteigen. Bei RHI haben sich die US-Altlasten in der Bilanz 2001 auf einen Verlust von 870 Mill. Euro addiert. Das übrig gebliebene Feuerfest-Geschäft, das sich positiv darstellt, soll von der gewinnverzehrenden "Asbestvirusinfektion" aus den USA immunisiert werden. Ohne USA erzielt RHI im Feuerfestbereich eine Umsatzrendite (EBIT-Marge) von acht Prozent bei einer Mrd. Euro Geschäftsvolumen, das in neuen Wachstumsmärkten wie China, Lateinamerika und Osteuropa durch Expansionen gesteigert werden soll. Massiv geholfen bei der Operation haben Draxler die heimischen Banken, die, um einen der wenigen globalen österreichischen Industriekonzerne vor dem Totalabsturz zu bewahren, für ein "stand-still"-Abkommen der Bankverbindlichkeiten von 1,1 Mrd. Euro (über 15 Mrd. S) überzeugt werden konnten. Die "Kerngläubiger" (Bank Austria/CA, Erste Bank, RZB) schulden 400 Mill. Euro der aushaftenden Bankkredite für fünf Jahre in ein zins- und tilgungsfreies Mezzaninkapital um und kommen RHI auch bei der Zinszahlung der Restschuld entgegen. Darüber hinaus garantieren die Institute auch für 100 Mill. Euro aus einer erst noch zu platzierenden (und von der Hauptversammlung im Februar zu beschließenden) Wandelanleihe über 144 Mill. Euro. Meister der Zahlen Als ÖBB-Generaldirektor hatte sich Draxler stets als Meister der Zahlen erwiesen. Anders als bei RHI, wo er die Sanierung ohne einschneidende Personalmaßnahmen plant, hat Draxler bei der Bahn den Personalstand um rund 15.000 auf zuletzt rund 49.000 abgebaut. Damit gelang ihm, die Mitarbeiterproduktivität in seiner achtjährigen Tätigkeit seit 1993 um 66 Prozent zu steigern, gleichzeitig aber auch den Schuldenstand des kaufmännischen ÖBB-Absatzbereichs um über 6,5 Mrd. S auf 9,9 Mrd. S abzubauen. Draxler wurde 1950 in Linz geboren und schloss 1976 das Studium der Technischen Chemie an der TU Wien mit dem Dipl.Ing. ab, wo er 1980 zum Dr.tech. promoviert wurde. Bis 1989 war Draxler bei der Energieverwertungsagentur (EVA) tätig, parallel war er seit 1984 auch Gründer und Geschäftsführer der Krankenhausberatungsagentur in Wien. Bis zum Start als ÖBB-General war Draxler dann Vorstandsvorsitzender der Linzer Stadtwerke ESG. Unfreiwilliger Abschied Nach seinem (politisch gewünschten) unfreiwilligen Abschied bei den ÖBB Ende Juli 2001 - Draxler wollte die Bahnsanierung unbedingt selbst weiterführen - baute er als Berater ein Joint Venture für den Güterverkehr der Deutschen Bahn und der Französischen Bahn auf. (APA)