Windows XP unter Win 2000

Wenn das Bill Gates wüsste! Auf seinem neuen Windows-XP-Bildschirm macht sich der Linux-Pinguin breit: Das freie Betriebssystem kann mit Hilfe einer intelligenten Software in einer "virtuellen Maschine" installiert und in einem Windows-Fenster gestartet werden. Das Programm für diese Simulation eines Computers im Computer, VMware (VM wie virtuelle Maschine), ist jetzt in der dritten Version erschienen und läuft erstaunlich rund.

Power on

Damit der simulierte PC ein neues beliebiges Betriebssystem aufnehmen kann, muss er sich erst etwas real existierende Hardware borgen: Benötigt wird ein Teil des Arbeitsspeichers und so viel Platz auf der Festplatte, wie für das weitere Betriebssystem benötigt wird. Im Test wurden dem virtuellen PC 128 MB RAM und vier Gigabyte spendiert - für Windows XP blieben noch 128 MB übrig. Der Zweitcomputer im Windows-Fenster ist in einer Minute eingerichtet und kann mit einem Mausklick auf "Power On" gebootet werden. Jetzt erscheint tatsächlich ein BIOS im Fenster - wie man das vom Einschalten der echten Hardware gewohnt ist - und zeigt den zugeteilten Arbeitsspeicher an.

Um mit dem neuen PC etwas anfangen zu können, muss erst noch ein Betriebssystem installiert werden - das kann irgendein Windows ab 3.1, ein MS-DOS 6 oder ein PC-Unix wie Linux oder FreeBSD sein. Im Test kam ein Red-Hat-Linux 7.1 zum Einsatz, das ganz normal von der CD installiert wurde. Nur die Unterstützung der grafischen Oberfläche (also der X-Server zur Nutzung von KDE oder Gnome) muss mit einem Zusatzprogramm, den "VMware Tools", gesondert bereit gestellt werden.

Beliebig

Innerhalb des Fensters kann jetzt beliebig mit Linux gearbeitet werden. Das System greift auf CD-ROM- und Diskettenlaufwerk zu und erkennt Geräte, die an die USB-Schnittstelle angeschlossen werden. Das Betriebssystem im Fenster läuft in einer völlig abgeschotteten Umgebung, ein Zugriff auf Daten von Windows XP ist zunächst einmal nicht möglich.

Für den Austausch zwischen beiden Welten richtet VMware ein kleines Netzwerk ein. Dabei wird das Ausgangsbetriebssystem als "Wirt" (Host) betrachtet und das Betriebssystem der virtuellen Maschine als "Gast" (Guest). Wie gastfreundlich Windows XP sein kann, zeigt sich beim Versuch, unter Linux eine Web-Seite aufzurufen: Der virtuelle PC nutzt über eine simulierte Ethernet-Netzwerkkarte die Online-Verbindung des Host-Systems, so dass die Einrichtung einer eigenen Verbindung überflüssig ist.

Mitunter Verwirrend

Beide Systeme teilen sich auch die Maus, was mitunter etwas verwirrend sein kann. Wenn der Mauszeiger im virtuellen PC steckt, muss er erst mit einer besonderen Tastenkombination zurück ins Host-System entlassen werden. Gelegentlich geht die Maus im Red-Hat-Linux auch zeitweise ganz verloren, ehe sie dann doch wieder irgendwo auftaucht. Geteilt werden müssen auch andere Ressourcen wie der Prozessor - die Leistungsfähigkeit des virtuellen Systems liegt damit um 13 bis 16 Prozent unter den Werten, die bei direkter Nutzung zu erwarten wären.

Alternativ zur Einrichtung auf einer "virtuellen Disk" kann der PC im VMware-Fenster auch ein Betriebssystem starten, das zuvor auf einer eigenen Partition der Festplatte installiert wurde. Dabei wird dieses Betriebssystem an die veränderte Hardware angepasst, die es mit dem virtuellen PC vorfindet. Im Test funktionierte dies einwandfrei mit einem SuSE-Linux 7.3. Die einheitlich simulierte Hardware von VMware ermöglicht es nach einem Bericht des Online-Fachdienstes "extremetech.com" auch, die Aktivierung von Windows XP zu umgehen und das Microsoft-System auf mehrere unterschiedliche Computer aufzuspielen - jeweils in einer virtuellen Maschine.

Ein weiter Einsatzfeld

Die Einsatzzwecke von VMware können ganz unterschiedlich sein. Da gibt es etwa den Linux-Anwender, der ein ganz bestimmtes Windows-Programm weiter nutzen will und dafür ein Windows auf seine virtuelle Maschine packt. Auf optimale Sicherheit bedachte Anwender holen ihre E-Mail nur noch mit Linux im VMware-Fenster ab - ihr Windows-System bleibt garantiert virenfrei. Eine wichtige Zielgruppe von VMware sind schließlich Software-Entwickler, die neue Programme in einer experimentellen Umgebung und für verschiedene Betriebssysteme testen wollen. An der kommerziellen Nutzung orientiert sich denn auch der Preis von VMware: das Paket kostet im Vertrieb von MicroBasic 325,40 Euro.(Von Peter Zschunke/AP)