EU
Deutsche Regierung: Menschenrechtslage in der Türkei unbefriedigend
Kriterien für EU-Beitritt "nicht erfüllt"
Berlin - Die deutsche Bundesregierung hält die
Menschenrechtslage in der Türkei für weiterhin unbefriedigend und die
Kriterien für einen EU-Beitritt des Landes für nicht erfüllt. In
einer am Montag bekannt gewordenen Antwort der Regierung auf eine
Anfrage der PDS-Bundestagsfraktion heißt es: "Nach wie vor ist die
Lage der Menschenrechte in der Türkei insgesamt unbefriedigend." Konkret kritisiert die Regierung Folter im Polizeigewahrsam,
Verstöße gegen Meinungs- und Vereinigungsfreiheit sowie gegen
Minderheitenrechte. Die von der Europäischen Union 1993 festgelegten
"Kopenhagener Kriterien" für den Beitritt seien "noch nicht erfüllt",
schreibt der Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Gunter Pleuger.
Folter und Misshandlung
In der Antwort der Bundesregierung ist außer von Folter und
Misshandlung im Polizeigewahrsam auch von unaufgeklärten Morden und
dem Verschwinden von Menschen die Rede. Mit Blick auf die
Menschenrechtsverletzungen hätten Regierung und EU wiederholt darauf
gedrungen, die geltenden rechtlichen Bestimmungen gegen Folter
tatsächlich umzusetzen. Weiter kritisiert die Regierung "zahlreiche
Sanktionen" gegenüber Medien, die "Verletzungen des Grundrechts auf
Meinungs- und Pressefreiheit" darstellten. Zudem werden
"Restriktionen gegenüber Parteien, Gewerkschaften und Vereinen"
aufgrund von Gesetzen kritisiert, die vor einem EU-Beitritt geändert
werden müssten. Zudem müsse die Lage der kurdischen Bevölkerung vor
einem Beitritt verbessert werden.
Pleuger schreibt zur Haltung der Regierung zur Türkei: "Die
Bundesregierung ist der Auffassung, dass sich eine Verbesserung der
Menschenrechtslage in der Türkei am besten im Dialog mit der Türkei
erreichen lässt." Die Türkei hat Dezember 1999 den Status eines
EU-Beitrittskandidaten. Die EU führt mit ihr, anders als mit zwölf
anderen Ländern, aber keine konkreten Verhandlungen. Nach bisheriger
Planung können frühestens im Jahr 2004 zehn der zwölf Länder
aufgenommen werden: Tschechien, Ungarn, Polen, Estland, Slowenien,
Litauen, Lettland, Malta und die Slowakei. Die Aufnahme Rumäniens und
Bulgariens gilt erst später als möglich, da sie wirtschaftlichen
Anforderungen bei weitem nicht entsprechen. (APA/Reuters)