Wien - Der österreichische Feuerfest-Weltmarktführer RHI, dessen Schlussstrich unter das Asbest-Desaster in den USA in der Konzernbilanz 2001 ein Loch von rund 870 Mill. Euro (knapp 12 Mrd. S) reißt, will noch heuer in die schwarzen Zahlen zurückkehren. Dies kündigte der neue RHI-Generaldirektor Helmut Draxler am Dienstag an. Mit dem operativen Rückzug aus den USA gibt RHI ein Umsatzvolumen von rund 400 Mill. Euro auf. Rund 150 Mill. Euro Geschäftsvolumen sollen in den USA erhalten bleiben, da der US-Markt als Exportmarkt von den bestehenden vier Standorten in Kanada und Mexiko aus weiter betreut wird. Der Konzernumsatz wird sich heuer neu auf rund 1,4 Mrd. Euro belaufen, das EBIT soll 2002 zwischen 4 und 5 Prozent liegen. Die Klagen von Asbest-Geschädigten in den USA hätten sich gegenüber dem Vorjahr auf 400.000 verdoppelt, drastisch verschärft habe sich die Lage seit Herbst.Teurer US-Ausflug Der "Ausflug" der RHI in die USA - mit dem Kauf der Feuerfestgruppe von GIP/Harbison-Walker Ende 1999 - hat den Konzern netto mehr als eine halbe Milliarde Euro (rund 7 Mrd. S) gekostet. Rund 750 Mill. Euro macht die Abschreibung von Forderungen sowie Garantien und Patronanzen für das US-Geschäft aus. Dazu addiert sich ein operativer Verlust von über 50 Mill. Euro. Zählt man den Restrukturierungsaufwand dazu, beträgt der Gesamtverlust 870 Mill. Euro, die zur Gänze in der Bilanz 2001 untergebracht werden. Falls die US-Gesellschaften unbeschadet ihrer massiv steigenden Belastungen aus Asbesthaftungen verkauft werden können, kann RHI daraus noch Verwertungserlöse lukrieren, sagte Finanzvorstand Eduard Zehetner. "Tiefer chirurgischer Eingriff" Der neue Vorstandsvorsitzende Helmut Draxler sprach von einem "tiefen chirurgischen Eingriff und keiner Blinddarmoperation", die RHI mit Hilfe der Gläubigerbanken (vor allem Bank Austria, Erste Bank und RZB) und nach einstimmigem Aufsichtsratsbeschluss vorgenommen habe. Mit der Dekonsolidierung der Standorte in den USA (zum 31. 12. 2001) reduziere sich der dortige Marktanteil von RHI von bisher 25 Prozent auf 7,5 Prozent. Der Weltmarktanteil der RHI sinke damit von 15 auf 11 Prozent, was aber weiterhin die Weltmarktführerschaft von RHI Feuerfest bedeute. Konzentration auf das Kerngeschäft Die weitere Konzernstrategie sehe die Konzentration auf das Kerngeschäft Feuerfest vor, wo RHI derzeit rund 1 Mrd. Euro umsetzt, sagte Draxler. Die mit duldsamer Hilfe der Gläubigerbanken beschlossene Bilanzsanierung, die die Liquidität von RHI weiter aufrecht hält, sieht folgendes vor: Für die 1,1 Mrd. Euro (15,14 Mrd. S) Bankverbindlichkeiten gibt es ein Stillhalteabkommen bis 2007. 400 Mill. Euro davon werden in nicht zins- und tilgungspflichtiges Mezzaninkapital (nachrangiges Kapital) gewandelt, für den Rest zahlt RHI Zinsen deutlich unter dem Marktniveau (Zehetner). Weiters wird eine nachrangige Wandelanleihe in Höhe von 144 Mill. Euro aufgelegt, für die die Banken im Ausmaß von 100 Mill. Euro garantieren. In der RHI AG wird das Eigenkapital von bisher 540 Mill. Euro auf das Grundkapital von 150 Mill. Euro reduziert, das fehlende wirtschaftliche Eigenkapital wird durch das Mezzaninkapital ersetzt. "Einen Überschuldungsbegriff gibt es im Konzern nicht, sondern nur auf Basis der Einzelgesellschaften", sagte Draxler. Sanierung im wesentlichen ohne Mitarbeiterabbau Die Sanierung des RHI-Konzerns werde im wesentlichen nicht über einen Mitarbeiterabbau erfolgen (ausgenommen rund 140 Mitarbeiter, die im Zuge der Heraklith-Sanierung je zur Hälfte in Deutschland und Österreich abgebaut werden). Das Mezzaninkapital werde 2007 in normale Bankverbindlichkeiten zurückgewandelt und danach über einen 7-Jahres-Zeitraum getilgt, unter Zuhilfenahme der Erlöse aus der Wandelanleihe und aus dem freien Cash-flow. Harte Jahre Mittel- bis langfristig strebt der RHI-Konzern ein Betriebsergebnis (EBIT) jenseits von 100 Mill. Euro an, sagte Draxler. Die mittelfristig angestrebte Eigenkapitalquote bezifferte er mit über 20 Prozent, das Mezzaninkapital eingerechnet. Die übrigen Verbindlichkeiten sollen über den freien Cash-flow abgebaut werden, wobei Draxler einräumte, dass "zwei bis drei harte Jahre vor uns stehen. Einen Hundert-Meter-Sprint können wir jetzt nicht machen". (APA)