Italien
Berlusconi: "Wirbel um Ruggieros Rücktritt viel Lärm um nichts"
Regierungschef weiß nichts von einer antieuropäischen Stimmung
Rom - Der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi
hat am Montag bei einer Rede vor dem Parlament die
Europafreundlichkeit seines Mitte-Rechts-Kabinetts unterstrichen.
Zugleich bestritt er, dass eine antieuropäische Stimmung in der
Regierung die Ursache des Rücktritts von Außenminister Renato
Ruggiero gewesen sei. "Niemand kann die Festigkeit unserer
Europa-Politik in Frage stellen und eine über die Medien geführte
Polemik wird an dieser Tatsache nichts ändern können", sagte
Berlusconi. Den Wirbel, der um Ruggieros Rücktritt vor zehn Tagen entstanden
sei, bezeichnete Berlusconi als "Theaterstück" mit dem Titel "Viel
Lärm um nichts". Als Ministerpräsident habe er während seiner
siebenmonatigen Amtszeit den Vorsitz des G-8-Gipfels in Genua und der
Zentraleuropäischen Initiative gehabt sowie über 100 internationale
Treffen geführt. 60 Prozent seiner Arbeit als Regierungschef habe er
internationalen Fragen gewidmet. Niemand könne daher bestreiten, dass
die italienische Regierung Europa nicht schätze.
"Korrekte Beziehung"
Die Beziehung zu Ruggiero sei trotz einiger charakterlichen
Divergenzen stets korrekt geblieben, sagte der Ministerpräsident.
Sein Rücktritt sei ein gemeinsamer Beschluss gewesen. Der
Außenminister habe mit Eifer für das nationale Interesse Italiens
gearbeitet, er habe aber bei der Übernahme seines Amts unterstrichen,
dass sein Einsatz befristet sein würde, sagte Berlusconi, dessen Rede
wiederholt von Pfiffen und Zwischenrufen aus den Reihen der
oppositionellen Mitte-Links-Allianz unterbrochen wurde.
Thema Konkurrenzfähigkeit Italiens
Berlusconi bekräftigte seine Entschlossenheit, das
Außenministerium interimistisch zu führen, bis eine
Umstrukturierungsphase in die Wege geleitet werde, die die Effizienz
dieses Ressorts erhöhe. Die Konkurrenzfähigkeit Italiens im Ausland
sei ihm besonders wichtig.
"Nationale und europäische Interessen verteidigen"
Der italienische Ministerpräsident unterstrich in seiner 45
Minuten langen Rede vor der Abgeordnetenkammer, dass Italien nicht
unkritisch an der Neugestaltung Europas mitwirken werde. "Italien
wird seine Stimme hören lassen, um das nationale Interesse zusammen
mit dem gemeinsamen Interesse für eine rasche und effiziente
Integration der EU zu verteidigen", sagte Berlusconi.
Der italienische Ministerpräsident wies die Attacken gegen seine
Mitte-Rechts-Regierung aus dem Ausland zurück. Er betonte, dass
niemand das Recht habe, die italienische Regierung zu kontrollieren.
"Niemand darf uns behandeln, als wären wir ein Staat mit begrenzter
Souveränität", so Berlusconi
Christliche Tradition anerkennen
Der Regierungschef hob hervor, dass auch den Kirchen eine Rolle im
neuen Europa zugesprochen werden müsse. "Europa wird natürlich eine
laizistische Struktur sein. Doch Laizismus bedeutet, neben der
autonomen Rolle des Staates auch die ethische und spirituelle
Dimension, die christliche Tradition des Lebens in der Gesellschaft
und daher die wichtige Rolle der Kirchen anzuerkennen", sagte
Berlusconi.
Italien wolle sich gegen jegliche Form von Intoleranz gegen die
Würde des Menschen einsetzen. Seine Regierung werde sich für den
Schutz und die Rechte aller Bürger, auch der Ausländer engagieren,
die "in Europa auf legale Weise leben und arbeiten wollen", so
Berlusconi.
(APA)